LAG Hamm, Urteil as of 7/24/2013
Aktenzeichen 3 Sa 1749/12

Key issues

Bedeutende Entscheidung im Arbeitsgerichtsverfahren um Scheinwerkvertrag; umfassende Ausführungen zur Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung zu Dienst- beziehungsweise Werkvertrag; ausschlaggebend nicht die Bezeichnung durch die Vertragsparteien sondern der Geschäftsinhalt, im Zweifelsfall praktische Durchführung maßgebend; umfangreiche Ausführungen zur Beweis- und Darlegungslast

Summary

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm verwirft die Berufung der Beklagten und bestätigt das Vorliegen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zwischen Kläger und Beklagter. Der Kläger war seit August 2008 bei einer Reinigungsfirma angestellt. Diese hatte mit der Beklagten eine Rahmenvereinbarung über Dienstleistungstätigkeiten im Reinigungsbereich und Gebäudemanagement geschlossen. Der Kläger war zunächst als Hausmeister bei der Beklagten eingesetzt worden, hatte dann aber im Zuge der Beschäftigung auch im Bereich des Wareneingangs und der Poststelle gearbeitet. Ihm war unter anderem ein Arbeitsplatz in einem Büro, ausgestattet  mit Computer und anderen Büromitteln der Beklagten, zur Verfügung gestellt worden. Außerdem arbeitete er arbeitsteilig mit Festangestellten und erhielt von diesen auch Arbeitsanweisungen.

Im April 2012 hatte er vor dem Arbeitsgericht Bielefeld auf Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten geklagt, weil die Reinigungsfirma unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung betreibe. Das Arbeitsgericht gab seiner Klage statt. Die Beklagte legte Berufung ein. Das LAG bestätigt jedoch die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Es stellt fest, dass der Kläger nicht aufgrund eines Werkvertrages sondern aufgrund eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages zwischen der Reinigungsfirma und der Beklagten tätig wurde. Da die Reinigungsfirma nicht die für eine Arbeitnehmerüberlassung erforderliche Erlaubnis hatte, kommt aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 10 Abs.1 S. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zustande. Das Gericht macht umfassende Ausführungen zum Wesen von Arbeitnehmerüberlassung und Dienst- bzw. Werkvertrag und zur Abgrenzung. Ausschlaggebend für die Unterscheidung der Vertragstypen ist nicht die Bezeichnung durch die Parteien sondern der Geschäftsinhalt, der sich sowohl aus den Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung ergeben kann, die im Falle eines Widerspruches den Ausschlag gibt.

Im vorliegenden Fall war die Tätigkeit des Klägers im Rahmenvertrag nicht so klar beschrieben gewesen, wie es für einen Werkvertrag erforderlich wäre. Das Gericht erläutert umfassend die Darlegungs- und Beweislast und stellt fest, dass der Kläger ausreichende Anhaltspunkte dafür vorgetragen hat, dass er in die betriebliche Organisation der Beklagten eingegliedert und dort weisungsabhängig gearbeitet hat, somit eine Arbeitnehmerüberlassung vorlag. Der Beklagten ist es demgegenüber nicht gelungen darzulegen, dass ein Werk- oder Dienstvertrag gegeben war. Deswegen ging auch das Landesarbeitsgericht von unerlaubter Arbeitnehmerüberlassung aus, die zu einem direkten Arbeitsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger führt.

Entscheidung im Volltext

lag_hamm_24_07_2013 (PDF, 160 KB, nicht barrierefrei)