„Vor drei Jahren, am 1. August 2018, wurden die ersten AnkER-Zentren (Ankunfts-, Entscheidungs- und Rückkehr-Zentren) und vergleichbare Einrichtungen in Deutschland eröffnet. Leider hat sich die Kritik der in der Flüchtlingshilfe tätigen Organisationen bewahrheitet: AnkER-Zentren und funktionsgleiche Einrichtungen führen zu Isolation, Entrechtung und Ausgrenzung und sind Orte der Kontrolle, der Stigmatisierung und der Gewalt. Ein selbstbestimmtes Leben und Privatsphäre sind in den Lagern nicht möglich. In den großen und oft abgelegenen Einrichtungen sind die Asylsuchenden von der Gesellschaft analog und digital isoliert. Zudem verlieren geflüchtete Menschen wertvolle Zeit für ihr Ankommen und ihre Integration.
Zudem werden diejenigen Asylsuchenden, deren Asylgesuch abgelehnt wird, oft von rechtlicher Hilfe abgeschnitten: Die Isolation erschwert den Kontakt zu Ehrenamtlichen, Beratungsstellen und Rechtsanwält*innen, wodurch sie ihre Rechte nur eingeschränkt wahrnehmen können. Zwar bietet die Entscheidungsbehörde BAMF selbst eine Asylverfahrensberatung an, aber diese ersetzt keine behördenunabhängige Asylverfahrensberatung durch freie Träger.“
Die zivilgesellschaftlichen Organisationen fordern stattdessen Erstaufnahmeeinrichtungen, die das Ankommen der Menschen in den Mittelpunkt stellen und sie gut auf das Asylverfahren vorbereiten. Dazu gehört unter anderem eine systematische Erfassung von besonders verletzlichen Gruppen wie Traumatisierten, Kindern, alten Menschen, von Gewalt betroffenen Frauen* und Betroffene von Menschenhandel. Gerade erst hat PRO ASYL einen Bericht Zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Bezug auf geflüchtete Frauen und Mädchen in Deutschland mitherausgegeben.
Dieser Aufruf ist eine Initiative von Diakonie Deutschland, Deutschem Caritasverband, Paritätischem Gesamtverband, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband und PRO ASYL. Der KOK sowie weitere rund 65 bundes- und landesweite Wohlfahrtsverbände, Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen haben den Aufruf unterzeichnet.