Aktuelles im KOK

Ärzte der Welt e.V.: AnkER-Zentren machen krank

Ärzte der Welt stellen fest, dass besonders vulnerable Schutzbedürftige in AnkER-Zentren unerkannt bleiben und ihnen Unterstützung versagt bleibt.

Im vergangenen Jahr haben Ärzte der Welt e.V. und das Psychosoziale Zentrum Refugio München e.V. ihre Arbeit im AnkER-Zentrum Manching/Ingolstadt eingestellt. Nun veröffentlicht Ärzte ohne Grenzen einen Artikel im aktuellen Deutschen Ärzteblatt, um ihre Beweggründe und die Situation vor Ort zu schildern. Trotz der zahlreichen Menschenrechtsbedenken von Seiten zivilgesellschaftlicher Organisationen und der Fachwelt entschied Ärzte der Welt e.V. sich Anfang 2019 aus humanitären Gründen für einen Einsatz im AnkER-Zentrum Manching/Ingolstadt und bot gemeinsam mit dem Psychosozialen Zentrum Refugio München e.V. niedrigschwellige psychologische sowie psychiatrische Beratung und Behandlung für Geflüchtete an. Im Oktober 2019 stellten beide Organisationen ihre Arbeit ein.

Unter den dort herrschenden Bedingungen konnten die NGOs die Verantwortung für die teilweise schwerst traumatisierten Patient*innen nicht länger tragen: „Die Bedingungen im Ankerzentrum Manching/Ingolstadt widersprechen in vielfältiger Hinsicht den völkerrechtlich verbrieften und nationalen, humanitären Verpflichtungen wie sie insbesondere bei Flüchtlingen einzuhalten sind. Vor allem der fehlende Schutz vor Übergriffen und die mangelnde Privatsphäre wirken sich negativ auf die psychische Gesundheit der Geflüchteten aus“, so die Autor*innen des Artikels. Eine besondere Schwierigkeit ist zudem die Erreichbarkeit von vulnerablen und schutzbedürftigen Personen, da es an entsprechender Sozialberatung fehlt. So müssen Betroffene selbst die Kraft und die Fähigkeit aufbringen, sich entsprechende Unterstützung zu suchen. Eine frühe Identifizierung von besonders Schutzbedürftigen durch geschultes Personal existiert nicht. Art. 21 und 22 der EU-Aufnahmerichtlinie verpflichteten Mitgliedstaaten dazu, vulnerablen Personengruppen die Unterstützung zu gewähren, die ihren speziellen Bedürfnissen Rechnung trägt.

Der KOK e.V. hatte bereits in der Vergangenheit mehrfach auf die Gefahren von AnkER-Zentren für Betroffene von Menschenhandel als besonders vulnerable Gruppe hingewiesen. Der KOK hatte aktiv an der Erstellung und Überarbeitung der Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften mitgewirkt, um eine möglichst frühzeitige Identifizierung von Betroffenen von Menschenhandel, wie sie das europäische Recht vorsieht, zu gewährleisten. Bis heute fehlt es an einer bundesweiten Verpflichtung zur Umsetzung von Gewaltschutzstandards in Unterkünften für Geflüchteten.

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