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Prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Gefahren für Arbeitsausbeutung von Saisonarbeiter*innen in der Landwirtschaft

Ein kurzer Aufenthalt, hohe Flexibilität und Mobilität sowie eine fehlende soziale Absicherung führen zu besonders prekären und unsicheren Beschäftigungsverhältnissen und Ausbeutung für ausländische Saisonarbeiter*innen.

Saisonarbeit Landwirtschaft

Foto: Ana Catalá, ©KOK

Die prekären Lebens- und Arbeitsverhältnisse von Saisonarbeiter*innen sind erst seit der Corona-Pandemie verstärkt in den Blick der Öffentlichkeit gerückt. Schon seit Jahren beobachtet die Initiative Faire Landarbeit massive Probleme wie Lohnbetrug, überlange Arbeitszeiten und schlechte Unterkünfte in der Branche. In ihrem Beitrag zum diesjährigen Kritischen Agarbericht schildern zwei Autor*innen der Initiative die Situation von Saisonarbeiter*innen in der deutschen Landwirtschaft.

Laut Statistischem Bundesamt waren 2019 ein Drittel aller Beschäftigten in der Landwirtschaft Saisonarbeiter*innen. Obwohl es keine offiziellen Daten über die Herkunftsländer gibt, wissen Gewerkschaften, dass die Mehrheit aus den osteuropäischen Ländern Polen, Rumänien und Bulgarien kommen. Zuletzt wurde der Rekrutierungsraum auch stärker auf Drittstaaten wie die Ukraine und Georgien ausgeweitet. Diese Beschäftigten haben in Deutschland weniger Rechte als EU-Bürger*innen, ihr Aufenthaltsrecht ist häufig direkt an das Arbeitsverhältnis geknüpft, was die Abhängigkeit von Arbeitgeber*innen und die Risiken ausbeuterischer Praktiken verschärft. Aufgrund der kurzfristigen Beschäftigungen entfällt die Pflicht auf Sozialabgaben der Arbeitgeber*innen, wie Renten- und Krankenversicherungen.

Als Hauptprobleme, die seit Jahren beobachtet werden, nennt der Bericht Lohnbetrug und überhöhte Lohnabzüge; fehlende Sozial- und Krankenversicherung aufgrund von kurzfristiger Beschäftigung; intransparente Arbeitszeitaufzeichnungen und fehlende Arbeitsverträge; mangelhafte Unterkünfte; Verstöße gegen den Arbeits- und Gesundheitsschutz (inkl. Infektionsschutzmaßnahmen) sowie hohe Kosten durch private Vermittlungsagenturen.

Die kurze Beschäftigungsdauer und Abhängigkeit vom Beschäftigungsverhältnis macht es für ausländische Saisonarbeiter*innen zudem fast unmöglich, Arbeitsrechte, ausstehende Löhne und andere Entschädigungen aktiv einzufordern.

Die Initiative Faire Landarbeit ist ein Bündnis von gewerkschaftsnahen Beratungsstellen, wie dem Beratungsnetzwerk „Gute Arbeit“ von Arbeit und Leben, Faire Mobilität und dem Europäischen Verein für Wanderarbeiterfragen, der Gewerkschaft IG BAU sowie weiteren Organisationen. Ziel ist die Verbesserung der Situation von Saisonarbeiter*innen in der Landwirtschaft, mittels sogenannter Feldaktionen (aufsuchende Beratung), Rechtsberatung und Unterstützung sowie Öffentlichkeitsarbeit.