Was ist Menschenhandel?

Menschenhandel ist im deutschen Strafgesetzbuch (StGB) unter § 232 definiert und erfasst das Anwerben, Befördern, Aufnehmen und Beherbergen einer Person unter Ausnutzung einer Zwangslage oder Hilflosigkeit mit dem Ziel der Ausbeutung durch:

  • die Ausübung der Prostitution oder Vornahme sexueller Handlungen
  • eine Beschäftigung
  • die Ausübung der Bettelei
  • die Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen
  • Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder entsprechende Verhältnisse
  • erzwungene Organentnahme.

Bei Personen unter 21 Jahren muss keine Zwangslage oder Hilflosigkeit vorliegen.

Die einzelnen Formen der Ausbeutung sind dann in den nachfolgenden §§ 232 a ff StGB als Zwangsarbeit, Zwangsprostitution, Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung, sowie in §180a StGB (Ausbeutung von Prostituierten) unter Strafe gestellt. Der Begriff Menschenhandel im StGB ist also relativ eng gefasst und bezieht sich nur auf das Schaffen von Bedingungen, die eine Ausbeutung ermöglichen, nicht die Ausbeutung selbst.

Der KOK verwendet aber den Begriff Menschenhandel in einem weiteren Sinn, der sowohl den Anwerbungsprozess als auch die gesamte Ausbeutungssituation umfasst. Die verschiedenen Formen und Bereiche des Menschenhandels und der Ausbeutung (sexuelle Ausbeutung, Arbeitsausbeutung, Ausbeutung von Bettelei und strafbaren Handlungen) sowie Formen der Ausbeutung, auch unterhalb der Schwelle der Straftatbestände zu Menschenhandel, werden zunehmend in ihrer Gesamtheit und nicht mehr scharf voneinander getrennt betrachtet, da die Praxis gezeigt hat, dass in vielen Fällen Gemeinsamkeiten bestehen und die Übergänge oft fließend sein können.

Beim Menschenhandel muss nicht zwangsläufig ein Grenzübertritt stattfinden. Menschenhandel kann auch innerhalb eines Landes erfolgen. Kernelemente sind vielmehr Nötigung, Zwang und Täuschung. Der Zwang kann verschiedene Formen annehmen. Er kann durch direkte physische Gewalt oder durch Androhung derselben, Erpressung, unrechtmäßiges Einbehalten von Dokumenten und verdientem Geld, Raub, Isolation und Betrug ausgeübt werden. Auch das Ausnutzen einer hilflosen Lage z. B. aufgrund des Aufenthaltes im Ausland, der Autoritätsmissbrauch und die Schuldknechtschaft sind Formen des Zwangs bei Menschenhandel und Ausbeutung.

Der KOK e.V. hat eine Indikatorenliste für Menschenhandel und die verschiedenen Ausbeutungsformen erstellt, um Anzeichen zu erkennen.

Das Vorkommen einzelner Elemente steht nicht zwingend für Menschenhandel, es kann aber ein Hinweis darauf sein. Ebensowenig ist es notwendig, dass alle bzw. eine bestimmte Anzahl von Indikatoren bei einem Fall von Menschenhandel vorliegen müssen. Es kann auch keiner der Indikatoren vorliegen und dennoch ein Fall von Menschenhandel sein.


Abgrenzungen

Menschenhandel und Schleusung:

Menschenhandel und Schleusung müssen unterschieden werden. Bei der Schleusung geht es um das irreguläre Überqueren von Grenzen, in der Regel durch die Zahlung bestimmter Beträge an Schleuser*innen. Auch hier werden mitunter Täuschung und Gewalt angewandt. Der Unterschied zum Menschenhandel ist aber, dass der Profit aus dem bezahlten organisierten Grenzübertritt und nicht – wie beim Menschenhandel – aus der Ausbeutung der Person durch eine Tätigkeit.

Es ist allerdings möglich, dass Personen nach einer Schleusung in ausbeuterische Situationen geraten und Menschenhandel vorliegt.

 

Menschenhandel und Prostitution:

Zwischen Menschenhandel und Prostitution muss ebenfalls differenziert werden. Menschenhandel und Ausbeutung sind in Deutschland als Straftaten im StGB definiert. Prostitution und sexuelle Dienstleistungen dagegen legal und durch das Prostitutionsgesetz und das Prostituiertenschutzgesetz gesetzlich geregelt.

Viele Prostituierte arbeiten unter prekären Bedingungen und haben ein erhöhtes Risiko, von Gewalt betroffen zu sein. Allerdings gibt es ebenso die Personen, die sich bewusst für die Tätigkeit in der Prostitution entscheiden und diese dann selbstbestimmt ausüben.

Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung ist eine Straftat. Die Kriminalisierung von Sexarbeit schützt jedoch nicht unmittelbar die Rechte der Opfer von Menschenhandel. Die Gleichsetzung von Prostitution mit sexueller Ausbeutung, Menschenhandel oder geschlechtsspezifischer Gewalt wird sowohl den Anliegen der Sexarbeitenden als auch den von Gewalt betroffenen Frauen nicht gerecht.

Drei kurze Video-Tutorials informieren und sensibilisieren über das Thema Menschenhandel und Ausbeutung in Deutschland und geben Hinweise für Unterstützer*innen.
Die Videos sind auf der Grundlage von Online-Fortbildungen des KOK, zusammen mit IOM Deutschland, entstanden.

Grundlagen des Menschenhandels und Unterstützung Betroffener

Rechte und Schutzformen von Betroffenen von Menschenhandel

Hinweise für Unterstützer*innen von Betroffenen von Menschenhandel

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