Situation vor der Ehe

Handel in die Ehe liegt aus Sicht von Nichtregierungsorganisationen auch dann vor, wenn  Migrantinnen bereits vor einer beabsichtigten Eheschließung in Abhängigkeit gebracht und sexuell, finanziell oder in ihrer Arbeitskraft ausgebeutet werden.

Migrantinnen werden beispielsweise von Heiratsagenturen oder vermeintlichen künftigen Ehemännern bewegt, im Rahmen eines Touristenvisums oder eines Visums zum Zwecke der Eheschließung nach Deutschland einzureisen mit dem Ziel

  • hier mehrere potenzielle Ehemänner kennzulernen
  • sich für einen Ehemann entscheiden zu können
  • die Formalitäten vor Ort erledigen zu können
  • und die Eheschließung zu vollziehen

Die Gefahr, dass unseriöse Agenturen oder vermeintliche Ehemänner den an das Visum gekoppelten und damit unsicheren Aufenthaltsstatus der Frauen ausnutzen, ist sehr hoch. In solchen Fällen werden den Frauen eheliche Interessen suggeriert und sie zu sexuellen Kontakten oder Mitarbeit in Haushalt, Pflege o.ä. bewegt unter dem Vorwand, sich "besser kennenzulernen".

Aus der Praxis ist bekannt, dass entsprechende Agenturen gerade mit dieser "vorehelichen Erprobungsphase" werben und sich diesen "Service" teuer bezahlen lassen. Auf diesen "Service" kann sich die menschenverachtende Haltung begründen, potenzielle Ehefrauen "auszuprobieren". Entspricht das Verhalten der vermittelten Frau nicht den Vorstellungen des Mannes, kann dies der Agentur mitgeteilt und eine weitere Frau zur "Brautschau" vermittelt werden. Verpflichtungen gegenüber der Frau entstehen für die Männer nicht. Wegen der Unsichtbarkeit dieser Vergehen besteht zugleich kaum die Gefahr, dass die Männer zur Verantwortung gezogen und bestraft werden.

Die zielgerichtet migrierten Frauen hingegen stehen wegen der kurzen Visumszeit unter einem enormen Druck, einen geeigneten Ehemann zu finden. Im Rahmen der Ehevermittlung fühlen sie sich dann z.B. genötigt, den Forderungen der potenziellen Ehemänner zu entsprechen, um eine geplante Eheschließung nicht zu gefährden: findet diese Eheschließung nicht innerhalb der Visumszeit statt, so hat das dramatische Folgen für die Frau, denn es ergibt sich automatisch eine Ausreisepflicht.   

Die Auswirkungen dieses menschenverachtenden Geschäfts hat allein die betroffene Frau zu tragen:

  • Erleben totaler Abhängigkeit, Gewalt
  • Gefühle von Ausweglosigkeit, Hilflosigkeit
  • traumatisierende Erfahrungen
  • zunehmende Zukunftsängste
  • Schuldendruck
  • kaum Möglichkeiten, sich tatsächlich oder rechtlich zu wehren
  • geringe Chancen, Hilfe zu finden
  • Stigmatisierung bei der Rückkehr ins Herkunftsland

Das Ausmaß dieser Verbrechen an Frauen ist nicht bekannt. Es existieren weder verlässliche Erhebnungen noch ausreichend Strafanzeigen, um eine ungefähre Einschätzung darüber treffen zu können, wie viele Frauen jährlich in Deutschland von diesen Menschenrechtsverletzungen betroffen sind.

Der KOK e.V. weist daher offensiv auf diese Form des Frauenhandels hin und erhebt im Interesse der Frauen Forderungen zur Verhinderung dieser Straftaten.