AG Nürnberg, Urteil vom 11.6.2018
Aktenzeichen 50 Ls 371 Js 23408/17

Stichpunkte

Bemerkenswerte Entscheidung im Strafverfahren wegen 2016 eingeführten Tatbestandes der Zwangsprostitution; Anklageerhebung und Verurteilung trotz widersprüchlicher und für unglaubhaft gehaltener Aussagen der Opferzeuginnen; Geständnis nach Verfahrensabsprache

Zusammenfassung

Das Amtsgericht (AG) verurteilt den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Zwangsprostitution zu einer Freiheitsstrafe. Der Angeklagte hatte zwei in Ungarn angeworbene Frauen für einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten dazu gebracht, der Prostitution nachzugehen. Hierzu mietete er die Modellwohnung an, in der die Frauen arbeiteten und gab die Arbeitsweise vor. Er kassierte auch den überwiegenden Teil der Einnahmen. Die Frauen standen unter seiner permanenten Kontrolle und konnten sich auch mangels Sprach-und Ortskenntnissen nicht entziehen, darüber hinaus hatte der Angeklagte ihnen ihre Pässe weggenommen.

Bemerkenswert ist an dieser Entscheidung, dass es zur Anklage und Verurteilung kommt, obwohl die beiden Opferzeuginnen widersprüchliche Aussagen machten bzw. den Angeklagten durch ihre Aussagen in Schutz nahmen und die Tatvorwürfe gegen ihn bestritten. Die Staatsanwaltschaft legt in ihrer Anklageschrift dar, dass dieses Aussageverhalten typisch für derartige Verfahren und auf die Angst der Frauen vor dem Angeklagten und Repressalien gegen sie oder ihre Familien im Heimatland zurückzuführen sei. Sie wertet die Aussagen insgesamt als unglaubhaft und stützt den Tatnachweis allein auf Sachbeweise.

Nach einer Verfahrensabsprache und einem Geständnis des Angeklagten, verurteilt das Gericht den Mann wegen Zwangsprostitution gemäß des im Oktober 2016 in Kraft getretenen § 232a Strafgesetzbuch zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten.

 

Entscheidung und Anklageschrift im Volltext:

ag_nuernberg_11_06_2018 (PDF, 283 KB, nicht barrierefrei)

anklageschrift_zu_ag_nuernberg_11_06_2018 (PDF, 1,3 MB, nicht barrierefrei)