LG Duisburg, Urteil vom 25.1.2019
Aktenzeichen 33 KLs 17/18

Stichpunkte

Sehr umfangreiche Entscheidung im Strafverfahren wegen Zwangsprostitution und Menschenhandels; ausführliche Darstellung der Vorgehensweise nigerianischer Menschenhandels-Organisation; umfassende Erläuterung der Strafbarkeit wegen Zwangsprostitution; mehrjährige Haftstrafen für die Angeklagten und 22.000 € Entschädigung für die Nebenklägerin

Zusammenfassung

Das Landgericht verurteilt die beiden Angeklagten B und C wegen Zwangsprostitution und Menschenhandels bzw. Beihilfe hierzu zu Freiheitsstrafen von fünf Jahren beziehungsweise einem Jahr und sechs Monaten. Außerdem müssen sie gesamtschuldnerisch an die Nebenklägerin 22.400 € zahlen. Die Angeklagte D wird wegen Beihilfe zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
Die drei Angeklagten sind nigerianische Staatsangehörige. Die Angeklagten B und C ließen jeweils über 1-2 Jahre fünf Nigerianerinnen für sich in der Prostitution arbeiten.

In der Darstellung des Tatherganges macht das Gericht umfangreiche Ausführungen zu den prekären Lebensverhältnissen der 17 bis 22 Jahre alten Opfer - Zeuginnen E und I, G, F & H in Nigeria (Rn 34ff). Teilweise waren diese wohnungslos, verfügten nicht über eine Berufsausbildung und arbeiteten in verschiedenen einfachen Tätigkeiten. Sie wollten aufgrund ihrer Situation nach Europa auswandern, da sie in Nigeria keine Perspektive für sich sahen. In Europa hatten sie vor, den gleichen Tätigkeiten nachzugehen wie in Nigeria, gingen dabei aber von einem wesentlich höheren Einkommen aus. So kamen sie in Kontakt mit Schleuserorganisationen und verabredeten ihre Einschleusung nach Deutschland. Das Gericht schildert umfangreich das Vorgehen hierbei (Rn 35ff). Unmittelbar vor ihrer Reise mussten die Frauen den so genannten Juju- Schwur ablegen und sich damit zur Rückzahlung des Geldbetrages für ihre Einreise nach Deutschland verpflichten. Seitens eines Juju-Priesters wurden ihnen schlimme Folgen angedroht für den Fall, dass sie die Geldbeträge nicht zurückzahlen beziehungsweise den Anweisungen der Angeklagten nicht Folge leisten würden. Die Frauen wussten zu dem Zeitpunkt nicht, dass ihnen ein Geldbetrag von 50.000 € in Rechnung gestellt werden sollte, den sie in Deutschland durch Prostitution verdienen sollten. Als ihnen dies in Deutschland eröffnet wurde, fühlten sie sich ohne Sprachkenntnisse und finanzielle Mittel den Angeklagten hilflos ausgeliefert. Diese setzten sie unter Druck unter Hinweis auf den Schwur, auf ihren illegalen Aufenthalt und durch die Drohung, ihren Angehörigen in Nigeria von der Prostitutionstätigkeit zu erzählen. Vor diesem Hintergrund nahmen die Frauen die Prostitutionstätigkeit auf und arbeiteten jeweils die von den Angeklagten von ihnen verlangten bis zu rund 50.000,- € ab (Rn 50ff).

Die Angeklagte D war zunächst wie die anderen Opferzeuginnen angeworben und zur Prostitution gezwungen worden. Im Verlaufe des Geschehens unterstützte sie später die Angeklagten, unter anderem, indem sie die Geldbeträge der anderen Frauen einsammelte und an die Angeklagten übergab.

Sie selber wurde, nachdem sie ihre Schulden von 50.000 abgearbeitet hatte, vom Schwur befreit (Rn 85ff).

 

In der Hauptverhandlung hatte die G als Nebenklägerin Adhäsionsanträge auf rund
18.000 € Schadenersatz und mindestens 4.000 € Schmerzensgeld gegen B und C gestellt (Rn 185ff). Diese erkannten einen Anspruch von insgesamt 22.400 € an, was ihnen im Rahmen der Strafzumessung erheblich strafmildernd zugute gehalten wurde.

Das Gericht erklärt mit umfangreicher Begründung für die Angeklagte B den Tatbestand der Zwangsprostitution, des Menschenhandels sowie Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung gegeben und verurteilt sie zu fünf Jahren Freiheitsstrafe (Rn 251ff).

Den Angeklagten C verurteilte das Gericht wegen Menschenhandels, Beihilfe zur Zwangsprostitution und Körperverletzung zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung (Rn 274ff).
Die Angeklagte D wurde wegen Beihilfe zur Zwangsprostitution schuldig gesprochen, die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt (Rn 287ff).

Entscheidung im Volltext

lg_duisburg_25_01_2019 (PDF, 516 KB, nicht barrierefrei)