BGH, Beschluss vom 7.4.2005
Aktenzeichen 2 StR 524/04

Stichpunkte

Strafverfahren wegen Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung zum Nachteil einer unter 21-Jährigen; Tatbestandsmerkmal "Dazu-Bringen"; ausreichend bereits einfaches Angebot der Prostitutionsausübung an eine bislang nicht zur Prostitution Entschlossene; Gegenüberstellung mit Tatbestandsmerkmal des "Einwirkens" im Sinne des bis Februar 2005 geltenden § 180b Strafgesetzbuch; Ausführungen zur Frage, welches Recht anwendbar ist bei zwischenzeitlicher Gesetzesänderung.

Zusammenfassung

Auf die Revision des Angeklagten hin hebt der Bundesgerichtshof (BGH) die Verurteilung durch das Landgericht (LG) Aachen wegen vollendeten Menschenhandels auf, hält aber versuchten Menschenhandel für gegeben.

Die mit der Tochter F. des Angeklagten befreundete, unter 21-jährige R. hatte im Jahr 2002 überlegt, als Prostituierte zu arbeiten. Der als Zuhälter tätige Angeklagte hatte ihr daraufhin einen Club als mögliche Arbeitsstätte gezeigt. Als die junge Frau ihm später mitteilte, doch nicht der Prostitution nachgehen zu wollen, reagierte der Angeklagte verärgert und sagte, es sei schon alles organisiert. Das Landgericht hatte ihn deswegen im Januar 2004 (unter anderem) wegen Menschenhandels verurteilt – nach dem zur Tatzeit geltenden § 180b, Absatz 2, Nr. 2, Strafgesetzbuch (StGB). Der Bundesgerichtshof
 sieht ein "Einwirken" im Sinne des § 180b StGB jedoch nicht gegeben. Hierfür sei eine Beeinflussung von gewisser Hartnäckigkeit erforderlich, wie zum Beispiel wiederholtes Drängen und Überreden. Dies sei in der einmaligen Reaktion des Angeklagten nicht zu sehen, zumal R. von sich aus auf den Angeklagten zugegangen war.

Ein "Dazu-Bringen" im Sinne des seit Februar 2005 geltenden § 232 StGB erfordert hingegen nicht die Intensität des „Einwirkens“, schon ein Arbeitsangebot in der Prostitution bzw. eine Vermittlung ist hierfür ausreichend. Daher sieht der BGH darin, dass der Angeklagte mit R. einen Club als mögliche Arbeitsstelle besichtigte, eine entsprechende Handlung. Da es letztlich nicht zur Prostitutionsaufnahme kam, liegt nur ein Versuch vor.

Grundsätzlich gilt zwar das zur Tatzeit geltende Recht (somit hier § 180b StGB alte Fassung). Wenn jedoch das neue Gesetz eine mildere Bestrafung vorsieht, so ist nach § 2 Absatz 3 StGB dieses anzuwenden. Da hier nach § 232 StGB eine geringere Strafandrohung möglich war, hielt der Bundesgerichtshof die Anwendung des neuen Rechts für denkbar und verwies an das Landgericht zurück.

Entscheidung im Volltext:

BGH_07_04_2005 (PDF, 23 KB, nicht barrierefrei)