LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.2.2006
Aktenzeichen L 4 B 33/06

Stichpunkte

Wegweisende Entscheidung im Sozialgerichtsverfahren; erstmalige obergerichtliche Bestätigung eines Anspruchs auf Mitnahme von Vertrauenspersonen zu ärztlichen Begutachtungen.

Zusammenfassung

Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz stellt in seinem Beschluss, in dem es unter anderem um einen Befangenheitsantrag gegen einen Sachverständigen geht, fest, dass eine gerichtlich angeordnete körperliche Untersuchung durch einen ärztlichen Sachverständigen ein erheblicher Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und die  Menschenwürde der zu Untersuchenden ist. Denn verweigern Betroffene eine solche Untersuchung, gilt das als Verstoß gegen die sogenannte Mitwirkungspflicht und das Gericht kann dies zu ihrem Nachteil verwerten. Sie haben somit kaum Möglichkeiten, sich der Untersuchung zu entziehen. Vor diesem Hintergrund verpflichtet nach Ansicht des Landessozialgerichts der Grundsatz eines fairen Verfahrens zur Rücksichtnahme gegenüber den zu Untersuchenden. Ein grundsätzlicher Ausschluss von Vertrauenspersonen bei der Untersuchung ist daher nicht vertretbar und eine Begleitung selbst aus unsachlichen Gründen berechtigt. Im Gegenzug dürfe ein Sachverständiger eine Untersuchung in Anwesenheit einer Vertrauensperson nur aus fundierten, sachlichen Gründen ablehnen.

Im vorliegenden Fall hatte der Sachverständige die Untersuchung abgelehnt, da in Anwesenheit Dritter der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses und eine ordnungsgemäße Begutachtung nicht möglich seien. Diese Begründung reiche nicht aus und rechtfertige eine Ablehnung des Sachverständigen, da es nachvollziehbar sei, wenn der zu Untersuchende danach der Objektivität des Sachverständigen misstraue.

Entscheidung im Volltext:

LSG_Rheinland_Pfalz_23_02_2006 (PDF, 83 KB, nicht barrierefrei)