LSG Hessen, Urteil vom 30.9.2011
Aktenzeichen L 9 U 46/10

Stichpunkte

Sozialgerichtsverfahren um Entschädigung aus Berufsunfallversicherung; Anspruch auch bei illegaler Beschäftigung; umfangreiche Ausführungen zum Begriff des Beschäftigungsverhältnisses und zur Abgrenzung zwischen selbstständiger und nicht selbstständiger Arbeit.

Zusammenfassung

Das Landessozialgericht (LSG) Hessen bestätigt einen Anspruch des Klägers gegen die Berufsgenossenschaft auf Entschädigungsleistungen aus der Berufsunfallversicherung.
Der Kläger ist als serbischer Staatsangehöriger 2002 mit einem Touristenvisum ohne Arbeitserlaubnis nach Deutschland eingereist. Er arbeitete auf einer Brückenbaustelle, wo er schon am ersten Arbeitstag bei einem Unfall eine Stromverletzung erlitt, die eine Amputation von Gliedmaßen erforderlich machte.

Die zentrale Frage des Verfahrens war, ob der Kläger als Selbstständiger auf der Baustelle gearbeitet hatte oder als abhängig Beschäftigter. Nur abhängig Beschäftigte fallen automatisch unter den gesetzlichen Schutz der Berufsunfallversicherung. Das Gericht macht umfangreiche Ausführungen zur Abgrenzung zwischen selbstständiger und nicht selbstständiger Arbeit. So sind Indizien für eine nicht selbstständige Arbeit insbesondere, wenn der Arbeitgeber ein Weisungs- und Kontrollrecht hat und das Arbeitsmaterial stellt.
Im Fall des Klägers war das Gericht aufgrund der Zeugenaussagen davon überzeugt, dass er als abhängig Beschäftigter arbeitete. Er war weisungsgebunden, bekam die  Arbeitsmaterialien gestellt und es existierte eine Lohnvereinbarung. Dass kein schriftlicher Arbeitsvertrag vorlag, widersprach dem nicht. Ein Anspruch des Klägers scheitert auch nicht daran, dass er nur einen Tag gearbeitet hatte, da auch Probearbeitsverhältnisse unter den Versicherungsschutz fallen. Auch eine illegale Beschäftigung schließt den Versicherungsschutz nicht aus.

Da kein Zweifel daran bestand, dass die Tätigkeit, die den Unfall verursachte, im Zusammenhang mit der Beschäftigung stand, sah das Gericht einen Anspruch auf Entschädigung gegeben.

Entscheidung im Volltext:

 

LSG_Hessen_30_09_2011 (PDF, 134 KB, nicht barrierefrei)