Positive Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz gegen Abschiebung einer alleinerziehenden Mutter an die Elfenbeinküste; Ablehnung der Feststellung eines Abschiebeverbots rechtswidrig; von Zwangsheirat und häuslicher Gewalt betroffene Frauen als bestimmte 'soziale Gruppe'
Das Verwaltungsgericht (VG) ordnet im Eilverfahren die aufschiebende Wirkung der Klage einer alleinerziehenden Mutter von der Elfenbeinküste gegen ihre Abschiebung dorthin an.
Die Frau hatte geltend gemacht, in ihrer Heimat von geschlechtsspezifischer Verfolgung bedroht zu sein, da sie dort zwangsverheiratet wurde und von häuslicher Gewalt betroffen sei.
Das Gericht bezieht sich in seiner Begründung auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 16.01.2024 und erklärt, dass nach dieser Rechtsprechung je nach den Verhältnissen im Herkunftsland sowohl alle Frauen des betroffenen Landes als auch nur eine Gruppe daraus als asylrelevante bestimmte Gruppe angesehen werden könnten. Die von Zwangsheirat und häuslicher Gewalt betroffene Antragstellerin ist danach nach Ansicht des Gerichts als offensichtlich vorverfolgt ausgereist und als Angehörige einer bestimmten 'soziale' Gruppe einzustufen. Das Gericht hält es außerdem für unwahrscheinlich, dass es der Frau im Falle der Rückkehr gelingt, für sich und ihre beiden minderjährigen Söhne das Existenzminimum zu sichern.
Sie wäre durch die gesellschaftlichen Strukturen in der Elfenbeinküste gezwungen, sich zur Existenzsicherung wieder in die Hände eines Mannes zu begeben und liefe damit Gefahr erneuter sexueller Ausbeutung. Ohne Mann sei sie als Alleinerziehende gesellschaftlich geächtet. Ohne familiäre Unterstützung und ohne Ausbildung könne sie höchstens als Sklavin arbeiten, wobei sie ihre beiden Söhne nicht angemessen betreuen könne.
Es seien daher die Voraussetzungen eines Abschiebeverbots i.S.d. § 60 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) gegeben.
Anm. d. Verf.: Obwohl das VG dem Antrag entspricht und die aufschiebende Wirkung der Klage anordnet, erklärt es auf S. 2. den Antrag für unbegründet, wobei es sich nur um ein Versehen handeln kann, denn im Folgenden begründet es wiederum die Rechtswidrigkeit der Ablehnung des Abschiebeverbots.
Frauen als bestimmte 'soziale Gruppe'
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