LG Saarbrücken, Urteil vom 14.12.2023
Aktenzeichen 4 KLs 37/23

Stichpunkte

Urteil im Strafverfahren wegen Zwangsprostitution und Zuhälterei; Verurteilung zu mehrjährigen Haftstrafen; Loverboy-Methode

Zusammenfassung

Das Landgericht (LG) verurteilt einen Angeklagten wegen Zwangsprostitution und Zuhälterei zu drei Jahren Haft, die Mitangeklagte zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und elf Monaten. Die beiden hatten über Monate die 25-jährige Nebenklägerin zur Prostitution gezwungen. Die Nebenklägerin stand wegen einer intellektuellen Beeinträchtigung unter Betreuung. Sie war bereits gelegentlich für ihren Freund der Prostitution nachgegangen. Als dieser mehr Geld benötigte, schaltete er eine Internetanzeige. So wurde der Angeklagte auf die Nebenklägerin aufmerksam. Im Kontakt mit dieser erkannte er, dass die Frau extrem leichtgläubig und beeinflussbar war. Mit der Angeklagten zusammen beschloss er, die Frau für sich der Prostitution nachgehen zu lassen und die Einnahmen für sich zu behalten.

Der Angeklagte gab vor, in die Nebenklägerin verliebt zu sein und brachte sie dazu, bei ihren Eltern aus- und bei ihm und der Mitangeklagten in die Wohnung einzuziehen, damit sie sie unter totaler Kontrolle hätten. Sie suggerierten der Frau, sich mit dem durch die Prostitution verdienten Geld Wünsche, wie einen Führerschein zu machen, erfüllen zu können und gaben vor, das Geld für sie zu sparen. In Wahrheit verbrauchten sie es für sich.

Der Angeklagte erhöhte den Druck um die Frau zu verstärkter Prostitutionstätigkeit zu bringen, indem er Beziehungsabbruch androhte, was Wirkung entfaltete, da die Nebenklägerin dem Angeklagten aufgrund ihrer Verliebtheit regelrecht hörig war. Außerdem gab er vor, Mitglied der Hells Angels zu sein und drohte, dass diese die Nebenklägerin beobachten würden, so dass sie sich nicht traute, mit der Prostitution aufzuhören, als diese ihr zunehmend widerstrebte. Auch auf Betreiben ihrer Familie wandte sie sich einmal doch an die Polizei, zog ihre Aussage aber aus Angst wieder zurück. Daraufhin zogen die Angeklagten mit ihr in eine andere Stadt, so dass sie keine Kontakte mehr hatte und völlig isoliert war, da sie auch nur noch ihr Arbeitshandy hatte.

Das Gericht stellt die Vorgehensweise der Angeklagten umfassend dar, die der Nebenklägerin genau vorgaben, wie und wo sie zu arbeiten hätte und die die Hotelzimmer dafür anmieteten. Dabei erhöhten sie den Druck auf die Frau, die täglich rund 8 Freier zu bedienen hatte. Die Einnahmen musste sie komplett an die Angeklagten abgeben.

Verweigerte die Nebenklägerin bestimmte Sexualpraktiken, wurde sie mit massiven Drohungen gefügig gemacht, ohne dass es jedoch zu körperlicher Gewaltanwendung kam. Sie traute sich nicht, das jeweilige Zimmer zu verlassen, selbst wenn sie keinen Freier hatte.

Erst nach ca. 4 Monaten nahm sie Kontakt zu ihrer Familie auf und bat um Hilfe. Daraufhin schaltete diese die Polizei ein, die sie aus einem Hotel holte.

Die Frau leidet weiterhin unter Ängsten vor den Hells Angels und ist in Psychotherapie.

Das Gericht widmet sich in seinen Ausführungen umfassend der Strafzumessung und hält den Angeklagten bei der Strafzumessung zugute, dass sie geständig waren und das Urteil aufgrund einer Verfahrensabsprache zustande gekommen war.

 

Entscheidung im Volltext:

Lg-saarbruecken_14_12_2023 (PDF, 590 KB, nicht barrierefrei)

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