Bemerkenswerte Eilentscheidung im Asylverfahren um Zulässigkeit der Zurückweisung Asylsuchender an der deutschen Grenze; umfassende Ausführungen zur Dublin-Verordnung; Verpflichtung zur Durchführung des Dublin-Verfahrens in dem Land, in dem der Antrag gestellt wird; Gericht verneint Bestehen einer Notlage in Deutschland
Das Verwaltungsgericht (VG) entscheidet im Eilverfahren, dass Personen, die bei Grenzkontrollen in Deutschland ein Asylgesuch äußern, nicht ohne Durchführung eines Dublin-Verfahrens zurückgewiesen werden dürfen.
Im zugrundeliegenden Verfahren geht es um eine Frau mit somalischer Staatsangehörigkeit, die am 09.05.2025 in Frankfurt/Oder kontrolliert und nach Polen zurückgewiesen wurde, obwohl sie Asyl beantragt hatte. Die Bundespolizei hatte dies damit begründet, dass sie aus einem sicheren Drittstaat eingereist sei.
Das VG erklärt die Rückweisung für rechtswidrig. Deutschland sei nach der Dublin-Verordnung verpflichtet, das Dublin-Verfahren durchzuführen, wenn hier ein Asylantrag gestellt wird. Nach der Dublin-Verordnung dürfe kein Mitgliedstaat nur seine Nicht-Zuständigkeit erklären, sondern müsse stets die Zuständigkeit eines anderen Staates positiv begründen, bevor Asylsuchende auf die Schutzgewährung durch einen anderen Mitgliedstaat verwiesen werden können. Antragsteller*innen hätten einen Anspruch auf eine rechtlich zutreffende Zuständigkeitsbestimmung sowie darauf, diese gerichtlich voll überprüfen lassen zu können (EuGH, Urteil vom 7. Juni 2016).
Die Kammer verweist auf ein EuGH Urteil vom 31. Mai 2018 und erklärt, nach dem Konsensprinzip des Dublin-Systems sei eine Zurückweisung an der Grenze außerdem nur bei Zuständigkeit eines anderen Staates möglich, der sich zur Aufnahme der Person bereit erklärt hat.
Die Verordnung sei auch nicht, wie die Bundesregierung erklärt hatte, durch eine Notlage außer Kraft gesetzt. Eine hierfür erforderliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung läge nicht vor.
Die Antragstellerin hätte allerdings keinen Anspruch auf einen Grenzübertritt, da das Verfahren an der Grenze durchgeführt werden dürfe.
Das Gericht betont, dass die Antragstellerin auch im Hauptverfahren hohe Erfolgsaussichten habe.
Dublin-Verfahren, Grenzzurückweisung trotz Asylgesuch rechtswidrig
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