BGH, Beschluss vom 12.1.2010
Aktenzeichen 3 StR 519/09

Stichpunkte

Entscheidung im Strafverfahren wegen Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung; Aufhebung der Verurteilung wegen fehlerhafter Ablehnung von Beweisanträgen des Angeklagten; Ausführungen zu Anforderungen an die Ablehnungsbegründung bei ungeeignetem Beweismittel oder Bedeutungslosigkeit der Beweistatsache und dazu, wann eine Entscheidung auf der fehlerhaften Ablehnung beruht.

Zusammenfassung

Der Angeklagte war vom Landgericht (LG) Flensburg unter anderem wegen Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung verurteilt worden. Das LG war aufgrund der Aussage der Nebenklägerin davon überzeugt, dass der Angeklagte diese unter anderem durch Schläge und Drohungen zur Prostitution gezwungen hatte. Der Angeklagte hatte dies bestritten. Der Bundesgerichtshof (BGH) hebt die Verurteilung des Angeklagten wegen fehlerhaft abgelehnter Beweisanträge auf. Der Angeklagte hatte zahlreiche Anträge gestellt, die darauf zielten, die Glaubwürdigkeit der Zeugin zu erschüttern. So unter anderem Anträge auf Vernehmung von Zeugen, die bekunden sollten, bei der Nebenklägerin keine Hämatome oder Ähnliches, was auf Körperverletzungen hindeuten würde, gesehen zu haben.

Das Landgericht hatte die Beweisanträge abgelehnt. Zur Begründung gab es an, die Zeugenvernehmung sei ungeeignet, die Angaben der Nebenklägerin zu widerlegen.
Der Senat des BGH führt aus, warum diese Ablehnungsbegründung rechtsfehlerhaft ist. So muss das Gericht, wenn es davon ausgeht, dass ein Beweismittel ungeeignet ist, alle Gründe hierfür anführen.
Auch sofern das Landgericht die Anträge ablehnte, weil es die Beweistatsache (keine sichtbaren Verletzungen bei der Nebenklägerin) für bedeutungslos hielt, wäre die Ablehnungsbegründung fehlerhaft. Das Gericht hätte dann begründen müssen, warum fehlende sichtbare Verletzungen aufgrund der bisherigen Beweisaufnahme nicht dazu führen würden, die Überzeugung des Gerichts von der Glaubwürdigkeit der Nebenklägerin zu erschüttern.

Der Senat des BGH legt dar, wann davon auszugehen ist, dass ein Urteil auf einem Rechtsfehler beruht. Dies hängt stark vom Einzelfall ab. Ebenso von der Frage, ob der Antrag des oder der Angeklagten mit anderer Begründung zu Recht hätte abgelehnt werden können und ob er bzw. sie in seinen bzw. ihren Verteidigungsmöglichkeiten beschnitten wurde.
Der Senat konnte danach vorliegend nicht ausschließen, dass das Urteil auf der fehlerhaften Ablehnung beruhte, hebt dieses auf und verweist zur Neuverhandlung zurück an das Landgericht.

Entscheidung im Volltext:

BGH_12_01_2010 (PDF, 75 KB, nicht barrierefrei)