VG München, Beschluss vom 23.12.2016
Aktenzeichen M 15 E 16.35844

Stichpunkte

Entscheidung im Eilverfahren gegen Abschiebemaßnahmen; Attest zur Diagnose einer Depression muss nicht denselben Kriterien entsprechen wie im Falle einer PTBS; keine Behandlungsmöglichkeiten für Depression in Afghanistan

Zusammenfassung

Das Verwaltungsgericht (VG) verpflichtet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Wege der einstweiligen Anordnung dazu, Maßnahmen, die zur Abschiebung des Antragstellers führen könnten, vorläufig zu unterlassen.

Der Antragsteller ist Afghane und hatte nach Ablehnung im ersten Asylverfahren einen Folgeantrag gestellt. Zur Begründung hatte er unter anderem ein ärztliches Attest über eine Depression vorgelegt. Der Folgeantrag und auch die Feststellung von Abschiebeverboten wurde vom BAMF abgelehnt und die Abschiebung angedroht. Daraufhin kündigte die Ausländerbehörde die baldige Abschiebung an. Der Antragsteller erhob Klage und beantragte eine einstweilige Anordnung gegen die Abschiebung vorbereitende Maßnahmen mit der Begründung, er leide seit 2014 unter Depressionen und befinde sich in ärztlicher Behandlung. Zwischenzeitlich habe sich der Zustand zwar zeitweise gebessert, so dass keine Medikamente mehr notwendig gewesen seien, die Ablehnung des Folgeantrages und Abschiebeandrohung habe aber zu einer Verschlechterung und erneutem Behandlungsbedarf geführt. Eine Behandlung sei in Afghanistan aber nicht möglich.

Das Gericht führt aus, dass die Erkrankung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Abschiebung begründet. Das ärztliche Attest bestätige das Vorliegen einer depressiven Störung, schwere Episode. Das BAMF hatte seine Ablehnung von Abschiebeverboten auch darauf gestützt, dass das Attest nicht den vom BVerwG in seiner Entscheidung vom 11.09.207 festgelegten Anforderungen an Atteste über Vorliegen einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) entspräche. Unter Verweis auf weitere Rechtsprechung stellt das VG fest, dass diese Maßstäbe für PTBS-Atteste gelten, nicht jedoch auf Atteste über Depressionen zu übertragen seien.

Nach Ansicht des VG ist eine Depression gegenwärtig in Afghanistan auch nicht behandelbar.

Das Gericht merkt an, es sei sich bewusst, dass die Erkrankung direkt nach Abschiebungsandrohung aufgetreten sei, nachdem vorher über längere Zeit keine Behandlungen mehr durchgeführt worden waren. Da das BAMF sich in seiner Entscheidung aber überhaupt nicht mit der Situation des Antragstellers und der Frage von Behandlungsmöglichkeiten in Afghanistan auseinandersetze und ernsthafte Anhaltspunkte für eine drohende Gesundheitsgefährdung im Falle der Abschiebung sprächen, sei dem Antrag statt zu geben.

Entscheidung im Volltext:

vg_muenchen_23_12_2017 (PDF, 62 KB, nicht barrierefrei)