Bemerkenswerte Entscheidung im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (Verfassungsbeschwerde); die Frage der Verfassungsmäßigkeit des gesetzlichen Leistungsausschlusses von nicht erwerbstätigen und nicht ausreisepflichtigen EU-Bürger*innen stellt eine schwierige ungeklärte Rechtsfrage dar, für deren Klärung Prozesskostenhilfe nicht versagt werden darf
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hebt die Ablehnung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe eines griechischen Staatsbürgers für seine Klage gegen den Ausschluss von Sozialleistungen auf und weist zur Neuentscheidung an das Landessozialgericht zurück.
Der Antragsteller war 2016 nach Deutschland gekommen und hatte zunächst einige Zeit in geringfügigen Beschäftigungen gearbeitet. Von August bis Dezember 2018 erhielt er Hartz-IV-Leistungen, deren Weiterbewilligung jedoch 2019 mit Verweis auf §§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2b, 8 Abs. 2 Zweites Sozialgesetzbuch (SGB II) abgelehnt wurde, da er nur ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche habe. Auch sein Antrag auf Sozialhilfe wurde wegen des sich aus § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII ergebenen gesetzlichen Ausschlusses von Sozialhilfeleistungen für EU-Bürger*innen, die sich allein zur Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, abgelehnt, ebenso sein Antrag auf Prozesskostenhilfe für die Klage hiergegen.
Das BVerfG stellt fest, dass die Prozesskostenhilfe nicht hätte versagt werden dürfen, da die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses arbeitssuchender EU-Bürger*innen vom Leistungsbezug eine schwierige, bislang auch höchstrichterlich noch nicht entschiedene Rechtsfrage darstelle. Der Senat verweist hierzu unter Nennung verschiedener Entscheidungen auf den Meinungsstand insbesondere der Landessozialgerichte, in der Rechtsliteratur sowie die im Gesetzgebungsverfahren geäußerten Zweifel. Die Frage sei schwierig, da ihre Beantwortung sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, insbesondere der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 zum Asylbewerberleistungsgesetz, ableiten ließe. Diese Entscheidung würde mit vertretbaren Argumenten sowohl zur Begründung der Verfassungsmäßigkeit, als auch der Gegenauffassung herangezogen.
Da die Entscheidung somit in der Hauptsache von einer schwierigen, ungeklärten Rechtsfrage abhinge, würde die Versagung der Prozesskostenhilfe dem Beschwerdeführer effektiven Rechtsschutz vorenthalten und ihn somit in seinen Grundrechten verletzen.
Entscheidung im Volltext: