Menschenhandel 2.0

Menschenhandel 2.0

Digitalisierung, Datenverarbeitung und informationstechnologische Maßnahmen zur Unterstützung Betroffener von Menschenhandel

Der technologische Fortschritt – insbesondere im Bereich der Digitalisierung – spielt eine zunehmend zentrale Rolle bei Menschenhandel und Ausbeutung. Die digitalen Entwicklungen, vor allem auf Seiten der Täter*innen, verlaufen rasant und dynamisch. Smartphones, Online-Dienste und soziale Medien sind dabei häufig der erste Kontaktpunkt für betroffene Personen. Umso wichtiger ist es, digitale Unterstützungsangebote bereitzustellen, die Betroffene schützen, stärken und verlässlich informieren.

Mit dem Projekt „Menschenhandel 2.0“ schaffen wir ein digitales Ökosystem, das sowohl Betroffene als auch die Fachberatungsstellen im KOK-Verband befähigt, schützt und informiert. Im Zeitraum von Herbst 2024 bis Dezember 2027 werden verschiedene Teilprojekte umgesetzt, um Digitalisierung als Querschnittsthema in den Arbeitsfeldern des KOK zu verankern und den Mitgliedsorganisationen neue digitale Services zur Verfügung zu stellen und vorhandene Ressourcen sinnvoll zu bündeln. 
 

Zentrale Online­erstberatungs­plattform (ZOP)

Der Bedarf an digitalen Beratungsangeboten nimmt stetig zu, gleichzeitig stehen viele Fachberatungsstellen (FBS) vor der Herausforderung geringer zeitlicher und personeller Ressourcen. Um diesem Spannungsfeld zu begegnen, entwickeln der KOK und die FBS ein niedrigschwelliges, digitales Beratungsangebot. Ziel ist es, die Erreichbarkeit der Fachberatungsstellen zu vereinfachen, die knappen Ressourcen besser zu bündeln und einen schnelleren Einstieg in die Beratung zu ermöglichen. 

Mit der ZOP soll ein gemeinsames Onlineberatungsangebot der Fachberatungsstellen entstehen, das für potenziell Betroffene an mindestens fünf Tagen pro Woche erreichbar ist. Die Fachberatungsstellen arbeiten hierfür gemeinsam an einem Konzept, das eine bundesweite digitale Erstberatung ermöglicht und koordiniert. Ein zentraler Bestandteil ist die Auswahl einer digitalen Infrastruktur, die den bestmöglichen Schutz für Betroffene bietet. Anders als in vielen gängigen digitalen Anwendungen soll sichergestellt werden, dass keine personenbezogenen Daten oder Informationen der Plattformnutzer*innen ohne deren Einwilligung gespeichert oder weitergegeben werden.

Darüber hinaus werden in der Arbeitsgruppe verbindliche Abstimmungsprozesse zwischen den Fachberatungsstellen entwickelt, um eine verlässliche Erreichbarkeit über verschiedene digitale Kommunikationskanäle (z. B. Chat, E-Mail oder Messenger) sicherzustellen.

Das erste inhaltliche und technische Konzept sowie die nötigen Klärungs- und Abstimmungsprozesse sollen bis Ende des Jahres 2025 vorliegen. 
 

Digitale Sicherheit für Klient*innen & IT-Sicherheit für Fachberatungsstellen und Berater*innen

Ziel des Teilprojekts war es, das Bewusstsein für Risiken digitaler Überwachung durch Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu schärfen und sowohl Fachberatungsstellen (FBS) als auch Klient*innen im sicheren Umgang mit digitalen Technologien zu stärken. Ein besonderer Fokus lag auf der Vermittlung von Kenntnissen zu digitaler Wehrhaftigkeit und gängigen Überwachungsmechanismen.

Im Rahmen des Projekts wurden unter anderem Mobiltelefone von Betroffenen auf das Vorhandensein von Spyware oder Stalkerware untersucht. Dabei zeigte sich, dass die größere Gefahr häufig nicht von installierter Schadsoftware, sondern vom eigenen Online-Verhalten der Klient*innen ausgeht. Um hier gezielt anzusetzen, wurden Mitarbeitende der Fachberatungsstellen als Multiplikator*innen geschult – insbesondere im sicheren Umgang mit Smartphones und der Nutzung sozialer Medien.

Das Projekt wurde im Mai 2025 erfolgreich abgeschlossen, bleibt jedoch hochaktuell: Die Inhalte werden kontinuierlich weiterentwickelt und an neue technologische Entwicklungen angepasst.
Zur nachhaltigen Wissensvermittlung werden die Inhalte derzeit aufbereitet. Im Jahr 2025 sind Publikationen zum Thema digitale Sicherheit geplant.
 

Konzeptionierung von Digital Streetwork

Gemeinsam mit den Fachberatungsstellen (FBS) startet im Herbst 2025 ein neues Projekt zur Konzeptionierung von Digital Streetwork, also digitaler aufsuchender Arbeit. Ziel ist es, schwer erreichbare Zielgruppen über digitale Kanäle gezielt anzusprechen und über Beratungs- und Schutzmöglichkeiten zu informieren.

Im Fokus stehen dabei Menschen im Bereich der Prostitution, die zunehmend aus dem öffentlichen Blickfeld verschwinden und in Privatwohnungen, Hotels oder Ferienwohnungen arbeiten. Ebenso sollen Menschen erreicht werden, die in Bereichen wie häuslicher Pflege, als Au-pairs oder in anderen haushaltsnahen Dienstleistungen arbeiten und wo das Potential für Arbeitsausbeutung und prekären Arbeitsverhältnissen besonders hoch ist. Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) spielen dabei eine zentrale Rolle, um diese Menschen dort zu erreichen, wo sie digital unterwegs sind.

Die Fachberatungsstellen werden daher in die Lage versetzt, über digitale Plattformen mit vertrauenswürdigen Informationen zu Risiken, Opferrechten und Beratungsangeboten aufzuklären. Zur Umsetzung wird eine KOK-interne Arbeitsgruppe zum Thema Digital Streetwork eingerichtet. Gemeinsam werden Best-Practice-Ansätze zur Konzeption digitaler aufsuchender Arbeit entwickelt. Zudem werden geeignete digitale Kanäle und Plattformen identifiziert, über die zielgruppenspezifische Inhalte wie etwa Sharepics oder kurze Postings zu Opferrechten und Beratungsangeboten  verbreitet werden können.