Was ist Menschenhandel
Definition
Menschenhandel ist eine schwere Menschenrechtsverletzung. Bei Menschenhandel sollen Personen in eine Ausbeutungssituation gebracht werden, in dem eine Notlage, wirtschaftliche Zwangslage oder eine auslandsspezifische Hilflosigkeit ausgenutzt wird. Letzteres meint, dass sich Menschen in einem Land befinden, dessen Sprache sie nicht oder kaum sprechen, dessen Rechtslage sie nicht kennen und wo sie kein soziales Netzwerk haben. Oftmals geht der Menschenhandel mit Zwang, Nötigung, Gewalt oder Täuschung einher. Dabei werden die Personen mit dem Ziel der Ausbeutung in ihrer Handlungsfreiheit so weit eingeschränkt, dass sie nicht mehr frei über ihre Arbeitskraft verfügen oder ihre Situation bestimmen können.
Es gibt verschiedene Formen der Ausbeutung:
- sexuelle Ausbeutung / Zwangsprostitution
- Arbeitsausbeutung
- Ausbeutung von Betteltätigkeit
- Ausbeutung strafbarer Handlungen
- erzwungene Organentnahme
- Ausbeutung von Leihmutterschaft
- Zwangsverheiratung
- illegale Adoption
Menschenhandel kann in allen Branchen vorkommen und alle Personen betreffen. Menschenhandel gehört zu den Erscheinungsformen von organisierter Kriminalität.
Strafrechtliche Regelungen
Was Menschenhandel im rechtlichen Sinne bedeutet, legt das Strafgesetzbuch fest: Das Anwerben, Befördern, Aufnehmen und Beherbergen einer Person unter Ausnutzung einer Zwangslage oder Hilflosigkeit mit dem Ziel der Ausbeutung ist laut dem deutschen Strafgesetzbuch (StGB), § 232 Menschenhandel und damit eine Straftat.
Der Begriff Menschenhandel im StGB ist damit relativ eng gefasst und bezieht sich nur auf das Schaffen von Bedingungen, die eine Ausbeutung ermöglichen, nicht die Ausbeutung selbst. Die einzelnen Formen der tatsächlichen Ausbeutung sind in den nachfolgenden §§ 232a ff StGB als Zwangsarbeit, Zwangsprostitution, Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung, sowie in § 180a StGB – Ausbeutung von Prostituierten – unter Strafe gestellt.
Aktuell werden im Straftatbestand Menschenhandel (§ 232 StGB) fünf Formen der Ausbeutung aufgeführt. Mit der Reform der EU-Menschenhandelsrichtlinie im Jahr 2024 wurden Ausbeutung von Leihmutterschaft, Zwangsheirat und illegale Adoption als neue Ausbeutungsformen aufgenommen. Diese müssen bis 2026 in deutsches Recht umgesetzt werden.
Die wesentlichen Tatbestandsmerkmale sind die Ausbeutungsabsicht und die Ausnutzung einer Zwangslage oder Hilflosigkeit, durch die die Entscheidungsfreiheit der Betroffenen eingeschränkt ist. Zusätzlich können Betroffene psychischer oder physischer Gewaltanwendung oder Täuschung ausgesetzt sein. Das kann sich unterschiedlich darstellen:
- Drohungen oder Erpressungen
- Unrechtmäßiges Einbehalten von Dokumenten oder verdientem Geld
- Körperverletzungen
- Isolation
- List
Junge Menschen werden durch die Gesetzgebung besonders geschützt, darum muss bei Personen unter 21 Jahren keine Zwangslage oder Hilflosigkeit vorliegen, damit der Tatbestand des Menschenhandels erfüllt ist.
Nicht alle Situationen, in denen Täuschung und Gewalt angewendet werden, sind Menschenhandel. Insbesondere sollte man Menschenhandel von Schleusung und Prostitution unterscheiden und abgrenzen. Der KOK hat eine Liste von Indikatoren erarbeitet, die dabei helfen können, Menschenhandel zu identifizieren.
Wo findet Menschenhandel statt?
Auch wenn Menschenhandel oft in Verbindung mit internationalen Verbrechen oder mit Migration gebracht wird, muss dabei kein Grenzübertritt stattfinden. Menschenhandel kann auch innerhalb eines Landes stattfinden.
Menschenhandel und Ausbeutung kann in unterschiedlichen Kontexten stattfinden. Folgende Branchen gelten als besonders anfällig für Menschenhandel, weil sie für gewöhnlich kein hohes Qualifikationsniveau voraussetzen und personalintensiv sind:
- Sexarbeit/ Prostitution
- Haushalt / Pflege / Au-pair
- Gastronomie und Hotelgewerbe
- Baugewerbe
- fleischverarbeitende Industrie
- Spedition
- Nagelstudios und Schönheitssalons
- Landwirtschaft und Saisonarbeit
Menschenhandel kann jedoch jeder Branche vorkommen.
Wer ist von Menschenhandel betroffen?
Es gibt nicht den typischen Fall von Menschenhandel. Die Hintergründe und Geschichten der betroffenen Personen sind unterschiedlich. Jede Person, unabhängig von Alter, Nationalität und Geschlecht kann in eine Ausbeutungssituation geraten. Minderjährige können von Ausbeutung genauso betroffen sein wie Erwachsene, Migrant*innen unterschiedlicher Nationalität ebenso wie Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft.
Bestimmte Personengruppen sind vulnerabler, also anfälliger oder verletzlicher dafür, in ausbeuterische Situationen zu kommen. Dazu gehören insbesondere Menschen mit einem unsicheren Aufenthaltstitel. Auch Frauen und TIN* Personen sind oftmals besonders vulnerabel. Sie haben in vielen Ländern einen schlechteren Zugang zu Bildung, sind von struktureller Benachteiligung betroffen und tragen gleichzeitig viel Verantwortung für Familienmitglieder.
Mehr Details über die Hintergründe und Ursachen von Menschenhandel lesen Sie hier.
Statistiken zu Menschenhandel finden Sie hier.
Situation Betroffener
Die Situation von Betroffenen ist sehr schwierig und die Umstände, in denen sie sich befinden, erschweren es zusätzlich, dass die Personen sich Hilfe holen. Sie werden von Täter*innen auf verschiedenste Weise unter Druck gesetzt, erleben Gewalt oder werden bedroht. Sie können sich unter Umständen nur im nahen Umfeld des Tätigkeitsortes bewegen oder dürfen diesen nicht verlassen, sie kennen die Strukturen in Deutschland nicht, wissen nicht, wo sie Hilfe bekommen können und können vielleicht die Sprache nicht.
Viele Betroffene sind infolge des Zwangs- und Ausbeutungsverhältnisses stark geschwächt, körperlich erschöpft, krank und/oder seelisch erheblich belastet. Manche sind suchtmittelkrank. Weil meist zumindest ein großer Teil des Verdienstes einbehalten wird, verfügen die Betroffenen häufig nicht über finanzielle Mittel, um sich zum Beispiel eine andere Unterkunft zu suchen.
Einige Betroffene sind sich unter Umständen auch nicht bewusst, dass sie Opfer einer Straftat wurden. Sie sehen sich vielleicht auch selbst mitschuldig, wenn sie beispielsweise gegen Aufenthaltsgesetze verstoßen haben oder ohne Arbeitserlaubnis gearbeitet haben.
Bei Betroffenen, die zur Begehung von Straftaten gezwungen wurden, dürfte die Angst, selbst strafrechtlich verfolgt zu werden, ein noch größerer Hinderungsgrund sein, sich Unterstützung zu suchen.
Sollten Sie oder eine andere Person Hilfe benötigen, können Sie sich an eine Fachberatungsstelle in Ihrer Nähe wenden. In der Fachberatungsstellensuche des KOK finden Sie Unterstützungsangebote und Kontaktdaten von spezialisierten Fachberatungsstellen für Betroffene von Menschenhandel deutschlandweit sowie weitere Beratungsangebote.