Indikatoren
Zur Bekämpfung von Menschenhandel und zur Identifizierung Betroffener ist es wichtig, Anzeichen von Menschenhandel zu erkennen. Allerdings ist das oftmals sehr schwierig. Nur selten sind eindeutige Anzeichen für Ausbeutung sofort erkennbar. Betroffene offenbaren sich in der Regel nicht ohne Weiteres Dritten gegenüber. Sie werden von den Täter*innen bedroht, isoliert oder unter Druck gesetzt, sie haben häufig Angst vor Abschiebung oder strafrechtlicher Verfolgung, haben Verletzungen erlitten oder wissen nicht, welche Rechte sie haben oder an wen sie sich für Hilfe und Unterstützung wenden können.
Ein Hilfsmittel zur Identifizierung von Betroffenen von Menschenhandel sind darum Indikatorenlisten, die der KOK erarbeitet und zusammengestellt hat. Die Indikatoren ersetzen keine fachliche Expertise und Einschätzung, sie können aber eine hilfreiche Unterstützung dabei sein, mögliche Betroffene (frühzeitig) zu identifizieren und mit spezialisierten Fachberatungsstellen in Kontakt zu treten.
Dabei ist zu beachten: Das Vorliegen einzelner Elemente weist nicht zwingend auf Menschenhandel hin, kann aber ein Hinweis darauf sein. Ebenso wenig müssen bei einem Fall von Menschenhandel alle oder eine bestimmte Anzahl von Indikatoren erfüllt sein. Es ist auch möglich, dass keiner der Indikatoren vorliegt und dennoch Menschenhandel stattfindet.
Allgemeine Indikatoren
- Fehlende Ausweis- oder Reisedokumente beziehungsweise Verwendung falscher Identitätsausweise
- Anzeichen von Misshandlungen
- mangelnde Sprachkenntnisse oder Orientierung
- Unkenntnis über die rechtliche Situation in Deutschland
- fehlender Aufenthaltstitel oder Arbeitserlaubnis
- eingeschränkte Bewegungsfreiheit, kein uneingeschränkter Zugang zu Telefon oder Internet.
- Angst, offen zu sprechen, das Verhalten wirkt instruiert
- Unruhe, Unsicherheit oder Fluchtversuche
- schlechter körperlicher Zustand oder Vernachlässigung
- Zusammenleben in größeren Gruppen unter unzumutbaren Umständen
Diese Aufzählungen stellen nur eine Auswahl relevanter Indikatoren dar, noch mehr Merkmale, beispielsweise auch zur Lebenssituation oder Zahlungsmodalitäten, bei von Menschenhandel Betroffenen finden Sie hier. Außerdem finden Sie dort Indikatoren, die beim Erkennen von Ausbeutung von Kindern und von Menschen auf der Flucht helfen.
Indikatoren nach Ausbeutungsformen
Neben allgemeinen Indikatoren, die helfen können, Menschenhandel zu erkennen, gibt es auch ausbeutungsspezifische Indikatoren. Diese Aufzählungen stellen auch an dieser Stelle nur eine beispielhafte Auswahl dar, weitere Merkmale finden Sie hier.
Sexuelle Ausbeutung/Zwangsprostitution
- Arbeit in der Prostitution unter Überwachung
- kein oder geringer Lohn
- keine angemessene Versorgung bei Krankheit oder Schwangerschaft
- Vorgaben zu sexuellen Dienstleistungen/ Praktiken
Erreichbarkeit rund um die Uhr
Arbeitsausbeutung/Zwangsarbeit
- kein Arbeitsvertrag oder Sozialversicherung
- vorenthaltener Lohn oder unklare Arbeitsbedingungen
- Überwachung durch Arbeitgeber*innen
- keine freie Entscheidung über die Beendigung der Arbeit
Ausbeutung von Betteltätigkeit und strafbaren Handlungen
- Personen werden in größeren Gruppen an bestimmte Orte gebracht und wieder abgeholt
- Leben in Gruppen unter unzumutbaren Bedingungen
- Zurschaustellen von Gebrechen oder Behinderungen
Hinweise und Kontakt
Die hier aufgeführten Indikatoren bieten Anhaltspunkte, ersetzen keine fachliche Expertise. Wenn Sie den Verdacht haben, dass eine Person von Menschenhandel betroffen ist, wenden Sie sich bitte an eine spezialisierte Fachberatungsstelle. Eine Übersicht finden Sie hier.