LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2.2.2012
Aktenzeichen 11 Sa 569/11

Stichpunkte

Arbeitsgerichtsverfahren um Lohnforderung und die Wirksamkeit von Klauseln im Arbeitsvertrag, die der Arbeitnehmer aufgrund fehlender Sprachkenntnis nicht verstanden hat; keine Pflicht des Arbeitgebers Vertrag in Muttersprache des Arbeitnehmers zu übersetzen; unterschreibt ein Arbeitnehmer einen Vertrag, ohne ihn zu verstehen, fällt dies in seinen Risikobereich und der Vertrag ist wirksam.

Zusammenfassung

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz weist die Berufung des Klägers zurück. Dieser ist portugiesischer Staatsangehöriger und hat von Juli 2009 bis März 2011 bei der Beklagten als Kraftfahrer gearbeitet. Der Kläger spricht kein Deutsch. Die Verhandlungen über den Arbeitsvertrag waren auf Portugiesisch geführt worden. Der Vertrag war ein auf Deutsch verfasster Formularvertrag. Diesen unterschrieb der Kläger, ohne um eine Übersetzung zu bitten. Der Vertrag enthielt eine zweistufige Ausschlussklausel. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen danach innerhalb von drei Monaten dem Arbeitgeber gegenüber geltend gemacht werden, sonst verfallen sie. Für eine gerichtliche Geltendmachung ist eine Frist von zwei Monaten festgelegt.

Der Kläger hatte von der Beklagten Mitte April 2011 schriftlich Arbeitslohn und Fahrtkosten für die Monate Dezember 2010 bis März 2011 gefordert, aber nicht erhalten. Im Mai 2011 erhob er Zahlungsklage vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern. Diese wurde wegen Nichteinhaltung der Ausschlussfristen abgewiesen. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Berufung. Die Vertragsklauseln über die Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen seien nicht wirksam, da er sie bei Vertragsunterzeichnung nicht verstanden und somit nicht zur Kenntnis genommen habe.

Das LAG stellt jedoch die Wirksamkeit der Klauseln fest. Der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, den Arbeitsvertrag in die Muttersprache des Arbeitnehmers zu übersetzen. Der Arbeitgeber wusste hier zwar, dass der Kläger kein Deutsch spricht, dies begründet jedoch keine Fürsorgepflicht, den Vertrag in der Muttersprache vorzulegen. Jede Partei muss sich über die Risiken des Vertragsabschlusses selbst informieren. Dies hätte der Kläger in den auf Portugiesisch geführten Verhandlungen tun können. Unterschreibt er jedoch, ohne den Inhalt zu verstehen, fällt dieses in seinen Risikobereich und der Vertrag ist voll wirksam.

Entscheidung im Volltext:

LAG_Rheinland-Pfalz_02_02_2012 (PDF, 42 KB, nicht barrierefrei)

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