Unterstützung

Betroffene von Menschenhandel und Ausbeutung haben ein Recht auf Beratung und Unterstützung. Zur Wahrnehmung ihrer Rechte müssen sie über diese Angebote informiert werden. Beratung und Unterstützung bieten entsprechend spezialisierte Fachberatungsstellen. Die Beratung ist immer kostenlos, anonym und unabhängig von Behörden oder anderen staatlichen Einrichtungen. Unter Hilfsangebote finden Sie sowohl Einzelheiten zur Form der Unterstützung als auch die Kontaktadressen der Beratungsstellen und Nichtregierungsorganisationen in Ihrer Nähe.   

Frauen, die als Prostitutierte arbeiten und nicht von Frauenhandel betroffen sind, haben ebenfalls die Möglichkeit, sich durch spezialisierte Prostituiertenberatungsstellen unterstützen zu lassen. 

Gewaltbetroffene Frauen (auch Migrantinnen) können in einem Frauenhaus Schutz zu suchen oder sich an entsprechende Beratungsstellen wenden (z.B. zu finden über den bff, die Frauenhauskoordinierung oder die zif). 

Migrant*innen finden auch Beratung und Unterstützung bei Migrationsfachdiensten und anderen Frauenberatungsstellen. Sind die Personen aber von Menschenhandel betroffen, ist allerdings dringend der Kontakt zu den oben genannten Fachberatungsstellen anzuraten.

Insbesondere zu arbeitsrechtlichen Fragen für Migrant*innen, die von Arbeitsausbeutung betroffen sind beraten gewerkschaftliche Beratungsstellen, z.B. des Projekts Faire Mobilität

Fachberatungsstellen

Die im KOK zusammengeschlossenen Fachberatungsstellen arbeiten nach gemeinsamen Leitprinzipien und Qualitätsstandards.

Die Beratung findet kostenlos, vertraulich und anonym statt. Die Beratung ist unabhängig davon, ob die Betroffenen eine Anzeige gegen die Täter*innen machen möchten oder nicht.
Sie findet in der Regel in der Erstsprache der Betroffenen oder mit Unterstützung von Sprachmittler*innen statt.  

Ein wichtiger Grundsatz der Beratung ist Transparenz, d.h. die Berater*innen zeigen klar die Möglichkeiten aber auch die Grenzen der Beratung auf. Grundlegende Voraussetzung bei allen Beratungsschritten ist das Einverständnis der Betroffenen.
Die Interessen und Bedürfnisse der Betroffenen stehen im Fokus der Beratung.

Die spezialisierten Fachberatungsstellen bieten ein ganzheitliches Beratungsangebot, von der Erstberatung und Krisenintervention über die Begleitung während eines Gerichtsverfahrens bis zum Aufbau neuer Lebensperspektiven oder der Hilfe bei der Rückkehr ins Herkunftsland.


Wie arbeiten die Beratungsstellen?

  • Den Fachberatungsstellen stehen muttersprachliche Berater*nnen oder Dolmetscher*nnen für verschiedene Sprachen zur Verfügung.
  • Dort werden Sie kostenlos und auf Wunsch anonym beraten.
  • Es besteht keine Beratungspflicht, die Beratung ist freiwillig.
  • Die Berater*innen der Fachberatungsstellen unterliegen der Schweigepflicht; alle Ihre Angaben werden vertraulich behandelt.
  • Es wird nichts gegen Ihren Willen unternommen.
  • Zu Behörden wird nur mit Ihrem ausdrücklichen Auftrag Kontakt aufgenommen.


Was heißt Beratung?

Nachfolgend möchten wir Ihnen in Kürze vorstellen, welche Hilfe Sie von den Fachberatungsstellen erwarten können und wie die Beratung verläuft. 

  • Sollten Sie Beratung wünschen, nehmen Sie bitte telefonisch Kontakt auf. Die Fachberatungsstelle wird dann mit Ihnen einen Termin vereinbaren und Ihnen sagen, an welcher Adresse in Ihrer Nähe die Beratung stattfinden kann. 
  • Bietet die Fachberatungsstelle offene Sprechstunden an, so können Sie direkt zu den angegebenen Zeiten in die Fachberatungsstelle gehen. 
  • In einem ersten Gespräch wird die Beraterin mit Ihnen über Ihre Problemlage und Ihre Fragen sprechen und Ihnen die verschiedenen Möglichkeiten für die nächsten notwendigen Schritte vorstellen.  
  • Die Mitarbeiter*innen der Fachberatungsstelle können Sie bei Bedarf in einer sicheren, anonymen Unterkunft unterbringen oder sie sind Ihnen bei der Wohnungssuche behilflich. 
  • Klärung von ausländerrechtlichen Fragen oder von Fragen zur Sicherung Ihres Lebensunterhaltes, Unterstützung bei der Durchsetzung von Entschädigung.
  • Die Berater*innen unterstützen Sie auch bei der Wiederbeschaffung von Papieren, Terminen bei Botschaften oder Konsulaten.
  • Zudem können Sie zu den notwendigen Behördenbesuchen begleitet werden. 
  • Je nach Problemlage werden Sie an erfahrene Anwält*innen, Ärzt*innen, Therapeut*innen weitervermittelt. 
  • Bei Interesse wird die Teilnahme an Deutschkursen und Freizeitangeboten ermöglicht. 
  • Sollten Sie sich für eine Anzeige und gerichtliche Aussage entscheiden, erhalten Sie Beratung, Betreuung und Begleitung über den gesamten Prozesszeitraum hinweg. 
  • Möchten Sie Deutschland verlassen, können die Mitarbeiter*innen der Fachberatungsstellen mit Ihnen zusammen die Rückreise und die Ankunft in Ihrem Herkunftsland organisieren. Auf Ihren Wunsch vermitteln wir Ihnen auch Kontakt zu seriösen Hilfsangeboten in Ihrem Herkunftsland.

In Deutschland gibt es knapp 50 spezialisierte Fachberatungsstellen für Betroffene von Menschenhandel, die entweder direkt oder über ihre Hauptstellen im KOK vernetzt sind.
Viele haben einen Fokus auf der Beratung von Frauen (als Betroffene verschiedener Ausbeutungs- und Gewaltformen). Einige beraten auch von Menschenhandel und Ausbeutung betroffene Männer oder Trans*menschen. Die Fachberatungsstellen sind regional gut vernetzt und können in der Regel auch weitervermitteln, wenn sie nicht zuständig sind oder keine Kapazitäten haben.

Unter Fachberatungsstellensuche findet sich eine Auflistung von sepzialisierten Fachberatungsstelle für Betroffene von Menschenhandel, ihrer Angebote und Kontaktdaten sowie weiterer Organisationen, die zu den Themenbereichen Ausbeutung, Gewalt an Frauen, Prostitution, Flucht und Migration arbeiten. Mitgliedsorganisationen (MO) des KOK sind in der Auflistung als solche gekennzeichnet.

Unterbringung

Betroffene von Menschenhandel und Ausbeutung haben ein Recht auf sichere und geeignete Unterbringung.

Eine geeignete und sichere Unterbringung ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Betroffenen sich erholen und stabilisieren können. Betroffene haben oft über einen längeren Zeitraum unter unwürdigen und unsicheren Umständen gelebt. Sie benötigen eine sichere Unterbringung, in der sie vor den Täter*innen geschützt sind und sich stabilisieren und erholen können. Die Unterbringung muss daher Sicherheitsaspekten genügen. Zudem müssen Betroffene dort, je nach Bedarf, betreut werden, ihnen eine muttersprachliche Verständigung ermöglicht sowie Orientierung, Rückzugsmöglichkeiten aber auch Kontakt zum sozialen Umfeld geboten werden. Eine Unterbringung in Sammelunterkünften für Geflüchtete beispielsweise erfüllt Anforderungen an eine angemessene und sichere Unterbringung für Betroffene von Menschenhandel in der Regel nicht. Dies ist auch in den Bundesverwaltungsvorschriften zum Aufenthaltsgesetz entsprechend verankert (siehe: S. 102, § 15a, 15a.1.5.2.).

Viele Fachberatungsstellen für Betroffene von Menschenhandel bieten sichere Unterkünfte bspw. in eigenen Schutzwohnungen an. Teilweise werden Betroffene auch in Pensionen oder Frauenhäusern untergebracht. Insgesamt gibt es in Deutschland allerding zu wenig Plätze zur sicheren Unterbringung Betroffener. Insbesondere für Kinder, Männer, Familien oder trans* Personen fehlt es an Möglichkeiten und es müssen immer wieder ad hoc Lösungen gefunden werden oder auf ungeeignete Angebote wie z.B. Obdachlosenunterkünfte ausgewichen werden.

KOK-Studie Unterbringung
Deutscher Verein: Empfehlungen Unterbringung Minderjährige

Finanzielle Unterstützung

Sofern Sie mittellos sind, steht Ihnen möglicherweise eine staatliche finanzielle Unterstützung zu. Welche Leistungen Sie erhalten können, ist abhängig von Ihrem Aufenthaltsstatus in Deutschland.

Wenn Sie Opfer von Straftaten geworden sind (z.B. Menschenhandel, Ausbeutung oder Gewalt in der Prostitution, in der Ehe oder in der Arbeit, wenn sie zum Betteln gezwungen werden oder dazu, Straftaten zu verüben) empfehlen wir Ihnen die Beratung durch eine Fachberatungsstelle - diese wird in jedem Fall auch mit Ihnen klären, welche Leistungen Ihnen rechtlich zustehen:

  • Wenn Sie sich entschieden haben, als Zeug*in über die an Ihnen begangenen Straftaten auszusagen, können Sie für die Dauer des Ermittlungs- und Strafverfahrens Leistungen nach dem SGB II oder XII beziehen.
  • Leistungen nach AsylbLG erhalten Sie, wenn Sie zwar Opfer von Straftaten geworden sind, sich aber noch nicht entschieden haben, eine Aussage zu machen.
  • Als EU-Bürger*in haben Sie in einer vorübergehenden Notlage Anspruch auf Sozialleistungen nach SGB II oder XII.
  • Als Tourist*in stehen Ihnen leider kaum finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung. Sind Sie jedoch Opfer von Menschenhandel geworden, so wenden Sie sich bitte an eine Fachberatungsstelle.
  • Wenn Sie sich illegalisiert in Deutschland aufhalten, haben Sie keinen Anspruch auf finanzielle Leistungen. Aber auch wenn Sie illegalisiert sind, können Sie sich vertrauensvoll von einer Fachberatungsstelle über Ihre Möglichkeiten beraten lassen. Für die Berater*innen der Fachberatungsstellen besteht Schweigepflicht, so dass sie keine staatlichen Konsequenzen (wie Ausweisung oder Abschiebung) befürchten müssen.

Gesundheitliche Vorsorge

Warum gesundheitliche Vorsorge? 

Gesundheit ist immer ein wichtiges Thema. Insbesondere bei der Arbeit in der Prostitution besteht ein gesundheitliches Risiko, das nicht zu unterschätzen ist.

  • Nicht alle Personen, die in der Prostitution arbeiten haben die wichtigen Informationen über sexuell übertragbare Krankheiten, HIV/AIDS, Hepatitis sind häufig nicht bekannt.
  • Darüber hinaus fehlt es an Informationen über medizinische Einrichtungen, an die Sie sich im Falle einer Erkrankung wenden könnten.
  • Wir wissen, dass einige Frauen in der Prostitution unter großem Druck stehen: Ihnen wird angelastet angebliche Schulden abzutragen, so dass Sie beispielsweise oftmals lange Zeit ganz ohne Verdienst arbeiten; das wenige verdiente Geld benötigen Sie dann für Kleidung, Zimmermiete und Verpflegung, so dass das Thema Gesundheit leicht eine untergeordnete Rolle spielen kann.

Aber es gibt Möglichkeiten, auch für wenig Geld durch seriöse Angebote gesundheitlich vorzusorgen! Diese möchten wir Ihnen vorstellen:

Gesundheitsämter

Gesundheitsämter bieten grundsätzlich kostenlose gesundheitliche Vorsorge an, zumindest, was sexuell übertragbare Krankheiten angeht. Dort kann man auch AIDS-Tests kostenlos oder gegen eine geringe Gebühr machen lassen und man kann auf Wunsch anonym bleiben.

Gesundheitsämter gibt es in fast jeder Stadt, Sie können einfach bei der zentralen Telefonnummer der Stadt, in der Sie sich aufhalten, nachfragen oder unter diesem Link schauen.

Streetwork

Einige Fachberatungsstellen bieten sogenannte "Streetwork" an. Streetwork bedeutet, dass Mitarbeiter*innen unterwegs zu Ihnen sind und Informationen verteilen, die wichtig für Sie sein können. Die Streetworker*innen machen regelmäßige aufsuchende Arbeit in Bordellen, Clubs und auf dem Strassenstrich:

  • Auf die Streetworker*innen können Sie sich verlassen: kontinuierliches und sensibles Vorgehen ermöglicht es Ihnen, sich langsam an das Thema Gesundheitsvorsorge heranzutasten.
  • Streetworker*innen sind meistens Frauen und sie werden sich Ihnen immer vorstellen, das heißt, Sie erfahren von den Frauen, dass Sie für eine Beratungsstelle arbeiten und Informationen verteilen.
  • Mitgebrachtes Anschauungsmaterial über Gebrauch und Qualität unterschiedlicher Kondome, Fotos, ein kleines Wörterbuch, das zur Kommunikation mit deutschen Freiern dient, sind die Materialien, mit denen Streetworker*innen zu helfen versuchen.
  • Damit Sie selbst aktiv werden zu können, verteilen die Streetworker*innen oftmals Notruf-Karten von ortsansässigen Beratungsstellen, die telefonische Beratung zu gesundheitliche Themen anbieten.
  • In dringenden Notfällen und wenn Sie es wünschen, können die Streetworker*innen direkt und noch vor Ort Kontakt zu einer Beratungsstelle herstellen, wo Ihnen dann weitergeholfen werden kann.
  • Darüber hinaus vermitteln und begleiten die Streetworker*innen Sie auf Wunsch zu unterschiedlichsten Arztpraxen, für die Empfehlungen vorliegen, das heißt sie kennen sich mit Ihren Problemen aus und arbeiten in Ihrem Sinne; bitte fragen Sie nach, ob dies angeboten werden kann.

Rückkehrhilfe

Möchten oder müssen Sie Deutschland verlassen, sind Ihnen die Mitarbeiter*innen der Fachberatungsstellen behilflich und beraten Sie umfassend über Ihre Möglichkeiten einer Rückkehr. Sie helfen Ihnen auf Wunsch auch, Kontakte zur Familie aufzunehmen oder zu Hilfsorganisationen in Ihrem Herkunftsland, die Sie bei Ihrem Neustart unterstützen können.

Darüber hinaus verfügt die Organisation SOLWODI über ein Rückkehrerinnenprojekt: Dort kann Ihnen Unterstützung bei der Aufnahme einer seriösen Beschäftigung oder einer wirtschaftlichen Existenzgründung im Heimatland geboten werden.

Bei einer freiwilligen Rückkehr in das Herkunftsland übernimmt die "Internationale Organisation für Migranten" (IOM) die Kosten für den Flug und ein geringes Startgeld. Jedoch sind daran Bedingungen geknüpft. Wir möchten Sie daher darauf hinweisen, dass Sie bei der erneuten Einreise nach Deutschland regresspflichtig gemacht werden.

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Kontakt

KOK - Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V.
Lützowstr.102-104
Hof 1, Aufgang A
10785 Berlin

Tel.: 030 / 263 911 76
E-Mail: info@kok-buero.de

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