BGH, Beschluss vom 14.1.2010
Aktenzeichen 3 StR 403/09

Stichpunkte

Strafverfahren wegen Vergewaltigung und schweren Menschenhandels; Aufhebung der Verurteilung wegen fehlender Unterrichtung des Angeklagten über Inhalt der Zeuginnenvernehmung in seiner Abwesenheit; Ausführungen zur Frage, wann ein Urteil auf Rechtsfehler beruht.

Zusammenfassung

Auf die Revision des Angeklagten hin hebt der Bundesgerichtshof (BGH) seine Verurteilung durch das Landgericht (LG) Hannover wegen eines Verfahrensfehlers auf.

Der Angeklagte war wegen Vergewaltigung und schweren Menschenhandels zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden, da das Landgericht überzeugt war, dass er die Nebenklägerin durch eine Vergewaltigung zur Prostitution gebracht hatte. Von diesem Tatgeschehen war das Landgericht Hannover aufgrund mehrerer Vernehmungen der Nebenklägerin, die zugleich einzige Zeugin war, ausgegangen. Der Angeklagte, der die Tat bestritt, war an einem Verhandlungstag wegen Störung gemäß § 231b Strafprozessordnung (StPO) aus dem Sitzungszimmer entfernt worden. Während seiner Abwesenheit war die Nebenklägerin erneut vernommen worden. Über den Inhalt ihrer Aussage ist der Angeklagte nicht, wie in §§ 231b Absatz 2, 231a Absatz 2 (StPO) vorgeschrieben, unterrichtet worden.

Der Bundesgerichtshof setzt sich mit der Frage auseinander, inwieweit das Urteil des Landgerichts Hannover auf diesem Verfahrensverstoß beruht. Er führt aus, dass davon schon dann auszugehen ist, wenn nicht auszuschließen ist, dass ohne den Verstoß anders entschieden worden wäre.

Der Senat des Bundesgerichtshofs, dem der Inhalt der erneuten Aussage nicht bekannt ist, geht davon aus, dass es in der wiederholten Befragung um die Klärung von Widersprüchen in früheren Vernehmungen ging, wie zum Beispiel unterschiedliche Angaben zur Vergewaltigung. Somit war seiner Ansicht nach nicht auszuschließen, dass der Angeklagte andere Verteidigungsmöglichkeiten gehabt hätte, wenn er den Aussageninhalt gekannt hätte. Daher hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf und verwies zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Hannover zurück.

Entscheidung im Volltext:

BGH_14_01_2010 (PDF, 70 KB, nicht barrierefrei)

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