OLG Zweibrücken, Urteil vom 1.7.2010
Aktenzeichen: 4 U 7 /10

Stichpunkte

Zivilverfahren um Schmerzensgeld für Vergewaltigung im Zusammenhang mit Menschenhandel; Zeugenschutz; Bestätigung der Glaubwürdigkeit der Zeugin.

Zusammenfassung

Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat entschieden, dass das Zivilgericht  Frankenthal sein Urteil über Schmerzensgeld für Vergewaltigung im Zusammenhang mit Menschenhandel allein auf das Strafurteil gegen die Täter stützen darf.

Darüber hinaus konnte die Geschädigte das Verfahren wegen Schmerzensgelds führen, ohne ihre Anschrift nennen zu müssen, da sie in einem Zeugenschutzprogramm untergebracht war.

Der Beklagte wurde zunächst vor dem Landgericht Landau wegen zweifacher Vergewaltigung und schweren Menschenhandels zu einer Strafe von neun Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Danach machte die Geschädigte wegen dieser Taten vor dem Zivilgericht Frankenthal ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro erfolgreich geltend. Das Zivilgericht erörterte in einer mündlichen Verhandlung die Sach- und Rechtslage mit den Parteien, machte die Akten der Staatsanwaltschaft zum Gegenstand des Verfahrens und stützte dann darauf seine Entscheidung. Die Entscheidung begründete das Zivilgericht unter anderem damit, dass es keine Zweifel daran habe, dass die Angaben, welche die Geschädigte im Strafverfahren über die Vergewaltigung und den Menschenhandel gemacht hatte, der Wahrheit entsprechen.

Der Beklagte legte vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken gegen die Verurteilung zur Zahlung von Schmerzensgeld Berufung ein. Er beanstandete, dass das Zivilgericht Frankenthal seine Entscheidung gegen ihn ausschließlich auf Grundlage der Strafakte begründete, ohne die Tat und die Beweise selbst zu beurteilen.

Das OLG stellte jedoch fest, dass sich das Zivilgericht seine Meinung über das Tatgeschehen wesentlich auf Grundlage des Strafurteils bilden durfte. Dies gilt, wie das Gericht im Einzelnen ausführt, da die Beweiserhebung und -würdigung der Strafkammer sorgfältig waren. Diese hatte im Strafverfahren die Aussagen der geschädigten Zeugin umfassend nach allen Kriterien der Rechtsprechung wie Logik, Details und Konstanz sorgfältig daraufhin geprüft, ob es sich um eigenes Erleben handelte. Auch gab es keine Anhaltspunkte für Zweifel am Wahrheitsgehalt der belastenden Angaben. Es gab keine besonderen Auffälligkeiten, sodass ein Glaubwürdigkeitsgutachten nicht erstellt werden musste.

Entscheidung im Volltext:

OLG_Zweibruecken_01_07_2010 (PDF, 53 KB, nicht barrierefrei)

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