Bemerkenswerter Beschluss im Eilverfahren um existenzsichernde Leistungen; Gericht spricht wohnungslosem EU-Bürger insbesondere vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie Leistungsanspruch zu; Verweis auf Rückkehr ins Heimatland unzulässig
Das Sozialgericht (SG) spricht einem wohnungslosen Portugiesen Leistungen nach dem zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) zu. Der Mann lebt seit Jahren in Deutschland. Sein Antrag auf Leistungen wurde unter Verweis auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II abgelehnt, da er sich nur zum Zweck der Arbeitssuche in Deutschland aufhalte.
Das SG hält zum einen für fraglich, aber nicht im Eilrechtsschutz zu klären, ob dem Mann nicht bereits ein Daueraufenthaltsrecht zustehe.
Zudem sei die Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses von Sozialleistungen und damit von der Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums insbesondere in der aktuellen Situation einer weltweiten Pandemie eine ungeklärte und schwierige Rechtsfrage. Das Gericht hatte vom Jobcenter im Hinblick hierauf eine Stellungnahme erbeten, ob nicht zumindest einstweilige Leistungen erbracht werden könnten, zumal auch nach Ansicht des Jobcenters selbst ein Anspruch entweder auf SGB II- oder aber SGB XII- Leistungen bestünde. Das Jobcenter hatte jedoch hierauf nicht geantwortet. Das Gericht kritisiert die Haltung des Jobcenters deutlich und äußert Unverständnis bezüglich einer Vorenthaltung von Leistungen in der gegenwärtigen Situation einer weltweiten Pandemie, in der dem Antragsteller aufgrund der geschlossenen Grenzen weder eine Rückkehr in sein Heimatland möglich, noch zu erwarten sei, dass er seinen Unterhalt durch Betteln erwirtschaften könne. Leistungen nach SGB II seien daher zu gewähren.
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