BGH, Beschluss vom 25.10.2017
, Aktenzeichen 2 StR 50/17

Stichpunkte

Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs in einem Verfahren wegen ‘Beschäftigung von Ausländern ohne Genehmigung oder ohne Aufenthaltstitel und zu ungünstigen Arbeitsbedingungen‘ sowie Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt; Aufhebung; Auffälliges Missverhältnis der Arbeitsbedingungen im Sinne des § 10 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nicht tragfähig belegt

Zusammenfassung

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) hebt eine Verurteilung des Landgerichts Frankfurt am Main (LG) auf.

Das LG hatte den Angeklagten mit Urteil vom 27.9.2016 wegen ‘Beschäftigung von Ausländern ohne Genehmigung oder ohne Aufenthaltstitel und zu ungünstigen Arbeitsbedingungen‘ sowie wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung verurteilt.

Der Angeklagte hatte Arbeitnehmer*innen aus Polen, Rumänien und Bulgarien als vermeintlich Selbstständige angestellt und nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Das LG war zu der Entscheidung gelangt, dass die Nichtanmeldung zur Sozialversicherung ein auffälliges Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitnehmer*innen belege und damit der Straftatbestand des § 10 Abs. 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) erfüllt sei. Dies begründete das Gericht damit, dass den Arbeitnehmer*innen dadurch jeglicher Schutz in der Renten-, Arbeitslosen-, Unfall-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie arbeitsrechtlicher Schutz betreffend Ansprüche auf gesetzlichen Mindestlohn, Urlaub oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall verwehrt sei.

Der BGH stellt fest, dass die Tatsache, dass der Arbeitgeber die ausländischen Arbeitnehmer*innen nicht zur Sozialversicherung angemeldet hatte, für die Annahme eines auffälligen Missverhältnisses allein noch nicht ausreicht. Der BGH legt dar, dass der Gesetzeswortlaut des § 10 Abs. 1 SchwarzArbG eine Gesamtschau der Arbeitsbedingungen verlangt und einen Vergleich mit den Arbeitsbedingungen deutscher Arbeitnehmer*innen erfolgen muss. Der Straftatbestand diene zwar auch dem Schutz den Betroffenen, die sich mangels Anmeldung nicht zur Wahrung ihrer sozialen Rechte an die dafür zuständigen Behörden wenden können. Trotz Nichtanmeldung entstehe jedoch eine Mitgliedschaft in der Sozialversicherung kraft Gesetzes. Die Nichtanmeldung hat laut BGH in erster Linie zur Folge, dass es für Arbeitnehmer*innen schwierig ist, das Bestehen des Arbeitsverhältnisses zu beweisen. Der BGH ist der Ansicht, dass dieser Nachteil im Einzelfall dadurch ausgeglichen werden könne, dass Arbeitnehmer*innen andere Vorteile, z.B. eine höhere Vergütung, erhielten. Ausführungen zu den konkreten Arbeitsbedingungen und der Höhe der Vergütung hatte das LG im vorliegenden Fall jedoch nicht gemacht, sodass es dem BGH zufolge an tragfähigen Belegen fehlte.

Auch die Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt hebt der BGH auf. Die Feststellungen und Beweiserwägungen des LG hierzu seien lückenhaft.

Der BGH verweist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück.

 

Entscheidung im Volltext:

bgh_25_10_2017 (PDF, 146 KB, nicht barrierefrei)

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