Aktuelles im KOK

Aktuelles: Auswirkungen des Covid-19 auf die Asylpolitik (Aktualisierung: 31.03.2020)

Abschiebungen nach Afghanistan

PRO ASYL informiert, dass laut der Aufhebung eines Haftbeschlusses vom 20.03. die Abschiebungen nach Afghanistan vorübergehend ausgesetzt sind.

 

Stellungnahmen zur Entlassung von Menschen aus Abschiebehaft

Am 26.03. veröffentlichte die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatović, eine Stellungnahme. Darin fordert Sie die Mitgliedstaaten auf, die Situation von abgelehnten Asylbewerber*innen und irregulärer Migrant*innen zu überprüfen und zur Abschiebung inhaftierte Menschen so weit wie möglich aus den Abschiebungshaftgefängnissen zu entlassen. Nach der Europäischen Menschenrechtskonvention ist Abschiebehaft nur so lange rechtmäßig, wie die Abschiebung tatsächlich durchgeführt werden kann.

Darüber hinaus bieten solche Haftanstalten nur geringe Möglichkeiten für soziale Distanzierung und andere Maßnahmen zum Schutz vor Covid-19-Infektionen für inhaftierte Menschen und Mitarbeitende.

Kinder, ob unbegleitet oder mit ihren Familien, sollten unverzüglich freigelassen werden. Keine neuen Haftbefehle sollten für Personen erlassen werden, deren Abschiebung in naher Zukunft nicht durchgeführt werden kann.

Die Mitgliedstaaten sollten ebenfalls sicherstellen, dass aus der Haft entlassene Menschen angemessenen Zugang zu Unterkunft und grundlegender Versorgung, einschließlich der Gesundheitsversorgung, erhalten.

 

Am 19.03. wendeten sich PRO ASYL und zahlreiche weitere Organisationen mit einem offenen Brief mit dem Titel „Coronavirus zwingt zum Handeln zum Schutz von Geflüchteten“ an die Bundesregierung. In dem Brief fordern sie, die Abschiebungen auszusetzten und die Abschiebehaft aufzuheben, sowie die griechischen Lager sofort zu evakuieren.

 

Am 18.03. informierte der Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V., dass aufgrund des Corona-Virus der Betrieb des Abschiebungshaftgefängnisses in Langenhagen bei Hannover bis auf Weiteres eingestellt wird.

 

Verlängerung von Aufenthaltstiteln Aufgrund der Corona-Pandemie

In einem Rundschreiben zur Entlastung  der Ausländerbehörden vom 25.03. gab das Bundesinnenministerium Ausnahmeempfehlungen, die nur für den Zeitraum dieser Sondersituation gelten sollten, darunter: 

   •Verlängerungsanträge bei Aufenthaltstitel: der bisherige Aufenthaltstitel gilt vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend (§ 81 Absatz 4 Satz 1 AufenthG)

   •Verkürzung von Aufenthaltstiteln / Zweckfortfall: Ausreisepflichten sind, soweit dies aufgrund der Umstände möglich ist, durchzusetzen. Ist die Ausreise tatsächlich unmöglich, ist eine Duldung zu erteilen

   •Verlängerung von Duldungen: zur Verfahrenserleichterung ist eine Einzelverlängerung möglich (Versand per Post )

 

Am 16.03. wies das niedersächsische Innenministerium die Ausländerbehörden auf die Verlängerung von Schengen-Visa und anderen Aufenthaltstiteln wegen der Corona-Pandemie hin. „Soweit Betroffene glaubhaft vortragen, wegen der Folgen der Coronakrise derzeit nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren zu können, sollen die Ausländerbehörden von der Möglichkeit der Verlängerung von Schengen-Visa und ggf. auch von anderen Aufenthaltstiteln Gebrauch machen.“

 

Orientierungshilfe Familienzusammenführung von Geflüchteten

Der DRK-Suchdienst hat eine Orientierungshilfe „Familienzusammenführung von und zu Flüchtlingen - Beratung in Zeiten des Coronavirus“, Stand 19.03.2020, veröffentlicht.

Wenn eine Familienzusammenführung aufgrund der SARS-CoV-2 Pandemie nicht möglich ist, wird empfohlen dies möglichst detailliert zu dokumentieren (Datum und eventuell sogar Uhrzeit), wann und wie diese Unmöglichkeit eingetreten ist.

Weiterhin wird drauf hingewiesen, dass ein Eilantrag schriftlich an das Verwaltungsgericht Berlin gefaxt und anschießend im Original per Post gesandt werden kann. Klagen zur Fristwahrung bei Ablehnung von Anträgen auf Familienzusammenführung durch die deutsche Auslandsvertretung können per Post oder/und per Fax an das Gericht geschickt werden und an die zuständige deutsche Auslandsvertretung gefaxt werden.

 

Unterbringung von Geflüchteten

Der Mediendienst Integration recherchierte zum Thema Corona-Virus in Erstaufnahmeeinrichtungen und Ankunftszentren. Da die Gefahr einer Ansteckung in Gemeinschaftsunterkünften wesentlich höher ist, ist es wichtig zu wissen, wie viele Menschen aktuell in solche Einrichtungen leben. Dabei stellt die Recherche fest, dass deutschlandweit allein in den Erstaufnahmeeinrichtungen mehr als 40.000 Menschen leben. Eine noch größere Zahl von Geflüchteten wohnt in Gemeinschaftsunterkünften. Allerdings konnten die Bundesländer keine genauere Zusammenfassung der Anzahl der Geflüchteten bereitstellen, da für die Anschlussunterbringung Landkreise und Kommunen verantwortlich sind.

 

Am 26.03. kritisierte PRO ASYL die Unterbringung von Geflüchteten auf engem Raum trotz Corona ebenfalls: „Dort, wo sich viele Menschen die Duschen und sogar die Zimmer teilen, kann man aber keinen Abstand wahren und sich selbst schützen.“

 

In einer Pressemitteilung vom 25.03. fordert das Deutsche Institut für Menschenrechte Bund und Länder auf, die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie an den Menschenrechten auszurichten. In der Stellungnahme geht es u.a. um die Unterbringung von Geflüchteten. Demnach stellen Ausgangssperren für alle Bewohner*innen der Flüchtlingsunterkünfte, nachdem ein Fall von Infektion mit COVID-19 bekannt wurde, „im Vergleich zum Umgang mit der übrigen Bevölkerung eine unverhältnismäßige Beschränkung dar“. In solchen Situationen sollten andere Unterbringungsmöglichkeiten gesucht werden, wie bspw. aktuell leerstehende Jugendherbergen oder Landschulheime.

 

Dublin-Überstellungen

Die offizielle Website des BAMF informiert, dass alle Dublin-Überstellungen von und nach Deutschland vorübergehend ausgesetzt werden. Die Überstellungsfristen werden jedoch nur unterbrochen, nicht ablaufen. 

 

Asylanhörungen: Brandbrief an die Führung des BAMF

Mit einem an die BAMF-Spitze adressierten Brandbrief fordert der Personalrat des Ministeriums einen sofortigen generellen Stopp von Asyl-Anhörungen in Deutschland. Dabei wird auf die „Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitenden“ hingewiesen.

 

Darüber hinaus, informiert die offizielle Website des BAMF, dass die persönlichen Anhörungen und weitere Bearbeitung der Asylanträge temporär eingestellt werden. Die Asylanträge werden im Regelfall nur noch schriftlich entgegengenommen.

 

Mehrsprachige Informationen über Corona-Virus

Die Organisation „Ärzte der Welt“ stellt Ratschläge für potenzielle Betroffene in 34 Sprachen hier zur Verfügung.

 

Das Ethno-Medizinische Zentrum e. V. veröffentlichte Informationen und praktische Hinweise über Covid-19 in 15 Sprachen. Diese stehen als PDF und als E-Book zum Download zur Verfügung.

 

Geflüchtete in Bosnien-Herzegowina

In der Stadt Bihać in Bosnien-Herzegowina, die an der Grenze zu Kroatien liegt, harren rund zehntausend Geflüchtete in miserabler Lage aus. Die Landesgrenzen sind Aufgrund des Corona-Virus geschlossen. Vor Ort sind kaum mehr ausländische Reporter*innen, die von der Situation berichten könnten. Es fehlen nicht nur ausländische Flüchtlingshelfer*innen, auch Hilfslieferungen erreichen die Geflüchteten dort nicht mehr über die geschlossenen Grenze. Die Bewohner*innen von Bihać dürfen auch keinen Kontakt zu den Geflüchteten haben. Die Lage verschlimmert sich stets und obwohl die Grenzen geschlossen sind, schaffen es Menschen weiterhin, einzureisen.

taz am Wochenende: „Beinahe ungesehen von der Weltöffentlichkeit passiert dort eine menschliche Tragödie. Denn mit den geschlossenen Grenzen entstehen blinde Flecken auf der Weltkarte, Orte, an die niemand mehr reist, um zu berichten. Für die Menschen dort könnte das dramatische Auswirkungen haben.“

 

Geflüchtete auf den griechischen Inseln

Rund 40.000 Geflüchteten leben unter menschenrechtswidrigen Bedingungen auf den griechischen Inseln auf wenigen Quadratkilometern. Nur eine Handvoll Ärzt*innen sind anwesend.

Dabei fordern zahlreiche Appelle von unterschiedlichen Menschenrechtsorganisationen die Evakuierung der Camps auf den Inseln. Zuletzt riefen europäische Ärzt*innen unter dem Hashtag #SOSMoria auf, die Geflüchteten auf den griechischen Inseln unverzüglich in Sicherheit zu bringen. Die Ärzt*innen warnen vor katastrophalen Folgen der Corona-Pandemie für die Geflüchteten, die griechischen Bewohner*innen und den Rest der europäischen Gesellschaft.

Die gleiche Forderung publizierte am 13.03. die Hilfsorganisation Ärzte Ohne Grenzen. Unter mangelhaften Hygienebedingungen und höchst eingeschränkter medizinischer Hilfe sei die Gefahr groß, dass sich die Pandemie in dem Lager verbreitet, alarmiert die Organisation.

 

Darüber hinaus ruft das Deutsche Institut für Menschenrechte die Europäische Union auf, sicherzustellen, dass der Umgang mit den Schutzsuchenden in den überfüllten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln den menschenrechtlichen Standards genügt. Die Lager sollten unverzüglich geräumt werden.

 

Am 25.03. wendeten sich 42 Menschen- und Kinderrechtsorganisationen des Netzwerks National Coalition Deutschland – Netzwerk zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention e. V. mit einem offenen Brief an die Bundesregierung. Dabei äußern die Organisationen ihre Sorge darum, dass wesentliche Kinder- und Menschenrechte bei einem zukünftigen europäischen Asylsystem nicht ausreichend beachtet werden.

In Anbetracht der aktuellen Situation in Griechenland und an anderen Grenzen in Europa sind die bestehenden Strukturen nicht in der Lage, Kindern und Familien Schutz zu bieten.

Dr. Dorothea Czarnecki, Referentin für Schutz von Kindern vor Handel und Ausbeutung bei ECPAT Deutschland: „Aufgrund der schwachen Schutzmechanismen für Kinder und Jugendliche in Griechenland und den südosteuropäischen Staaten besteht besonders in Flüchtlingslagern das Risiko, dass Pädokriminelle, Menschenhändler*innen und andere Ausbeuter*innen die chaotische Situation nutzen und sich gezielt geflüchteten Kindern nähern oder sie zur sexuellen Ausbeutung rekrutieren.“

 

Humanitäre Flüchtlingsaufnahme wird ausgesetzt

Am 17.03. kündigte die Internationale Organisation für Migration (IOM) und das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) in einer gemeinsamen Pressemitteilung an, dass die Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Personen im Rahmen der Resettlement- und humanitären Aufnahmeprogrammen vorübergehend eingestellt wird. Auch Deutschland hat seine humanitären Programme zur Flüchtlingsaufnahme ausgesetzt. Dies wurde von Bundesinnenministerium bestätigt.

 

LSI Stellungnahme

In einer öffentlichen Stellungnahme vom 31.03. macht die europäische NGO Plattform La Strada International (LSI) auf die Auswirkungen von COVID-19 für Betroffene von Menschenhandel aufmerksam. Gerade jetzt sei es wichtig, den Schutz und die Rechte derer zu wahren, die gesellschaftlich diskriminiert werden. Die Corona-Krise verstärke Ungleichheit und erhöhe das Risiko für marginalisierte Gruppen, Opfer von Ausbeutung und Zwang zu werden. La Strada appelliert an die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten, gezielte Maßnahmen zu ergreifen, um in der schwierigen Lage Schutz und Unterstützung für diese Menschen zu gewährleisten. Der KOK als Mitglied der Plattform unterstützt die Forderungen.

 

PICUM Stellungnahme

Am 25.03. veröffentlichte Platform for International Cooperation on Undocumented Migrants (PICUM) eine Stellungnahme, die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie auf die prekäre Situation von irregulären Migrant*innen aufmerksam macht. Dringende Maßnahmen, vor allem die Sicherstellung des Zugangs zu Gesundheits- und Sozialleistungen, sind für diese Menschen erforderlich. Notwendige Informationen rund um die Pandemie und die Schutzmaßnahmen sollten in relevanten Sprachen verfügbar und zugänglich sein. PICUM fordert daher die EU-Behörden auf, u.a. die Abschiebungen auszusetzten und die Abschiebehaft aufzuheben.

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