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BAMF Länderreport zu Vietnam

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge veröffentlichte seinen Länderreport 34 zu Vietnam. Darin informiert das BAMF über aktuelle innenpolitische Entwicklungen und über Menschenhandel aus Vietnam nach Deutschland und Europa

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge informiert im Länderreport 34 Vietnam über aktuelle innenpolitische Entwicklungen und Menschenhandel. Der erste Teil befasst sich mit der politischen Situation im Zusammenhang mit dem 13. Parteitag der Kommunistischen Partei Vietnams, der im Januar 2021 stattfand. Der zweite Abschnitt diskutiert Schleusung und Menschenhandel aus Vietnam nach Europa. Der Bericht ist eine Sichtung von Berichten und Studien anderer Organisationen, darunter ECPAT UK, Anti-Slavery International, U.S. Department of State und United Nations Office on Drugs and Crime.

Vietnam zählt sowohl als Ursprungland als auch zum Teil als Zielland von Menschenhandel. Dem Bericht zufolge werden Betroffene von Menschenhandel vor allem in Nachbarländer Vietnams geschleust, aber auch in die Europäische Union (EU) und Großbritannien, hier werden sie zum Großteil in Nagelstudios und Cannabisfarmen ausgebeutet. Minderjährige und Frauen würden außerdem oftmals sexuell oder als Haushaltshilfe ausgebeutet.

Es gibt wenig Quellen zu den genauen Zahlen von (potentiell) Betroffenen von Menschenhandel in Deutschland und Europa und die meisten Zahlen sind nicht verlässlich oder inkonsistent. Schätzungsweise 5.000 bis 8.000 vietnamesische Staatsangehörige sind irregulär in die EU eingereist, die Dunkelziffer wird auf 18.000 Menschen geschätzt. Deutschland und Großbritannien seien die Hauptzielländer. Unklar ist, wie viele dieser Personen von Menschenhandel betroffen sind. In einer 2018 von der Europäischen Kommission veröffentlichten Studie ist Vietnam mit 1.099 registrierten Fällen von Menschenhandel das drittgrößte Herkunftsland registrierter Betroffener. Auch in den Jahren zuvor war Vietnam unter den fünf größten Herkunftsländern.

Als Push und Pull Faktoren nennt der Bericht sozioökonomische, kulturelle, politische, wie auch ökologische Gründe, wie z.B. die „Aussicht auf lukrative Arbeitsmöglichkeiten und den damit verbundenen Ausweg aus Armut und Perspektivlosigkeit“. Viele der Betroffenen aus Vietnam kommen aus armen ländlichen Gebieten und gehören ethnischen Minderheiten an. Das Internet spiele eine große Rolle bei der Anwerbung potentiell Betroffener, insbesondere für Frauen und Mädchen. Andere Akteur*innen bei der Anwerbung seien Arbeitsvermittlungsfirmen, aber auch „Mund-zu-Mund-Propaganda“. Durch die hohen Gebühren (~5.000 und 20.000EUR), die für die Schleusung verlangt werden, entstehen oftmals Abhängigkeiten, welche zur Ausbeutung führen können. Auch haben die Betroffenen oftmals Angst vor Strafverfolgung und wissen nicht über die Rechtslage in Deutschland Bescheid, dies kann einer der Gründe sein, weshalb sie häufig unentdeckt bleiben. Deutschland zählt für Menschen aus Vietnam als Transit- und Zielstaat. Für Rückkehrende, oder bereits in Vietnam identifizierte Betroffene gibt es laut ECPAT UK nur wenig Unterstützungsmöglichkeiten vor Ort, sodass diese nicht ausreichend vor einer erneuten Reviktimisierung geschützt werden. Außerdem wird kritisiert, dass die vietnamesische Regierung nicht die minimalen Anforderungen bei der Bekämpfung von Menschenhandel erfülle.

Der Bericht gibt einen ersten Einblick über Menschenhandel nach Deutschland und Europa aus Vietnam, zeigt aber auch, dass es wenig verlässliche Quellen gibt und es mehr Informationen braucht. Erst kürzlich gab es erneut eine bundesweite Razzia der Bundespolizei, bei der Schleusung aus Vietnam im Fokus stand. Ob es sich bei den geschleusten Vietnames*innen zum Teil auch um Betroffene von Menschenhandel und Ausbeutung handelt ist unklar aber nicht unwahrscheinlich. Auch Deutschland sollte daher in den nächsten Jahren einen Schwerpunkt auf die Identifizierung von Betroffenen von Menschenhandel aus Vietnam legen, da das Dunkelfeld hoch zu sein scheint und den Betroffenen die nötige Unterstützung geboten werden muss.

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