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Mindestlöhne: Stellungnahme des KOK zu Mindestlöhnen - Der KOK fordert: Einführung gesetzlicher branchenspezifischer Mindestlöhne

Wir, der bundesweite Koordinierungskreis gegen Frauenhandel und Gewalt an Frauen im Migrationsprozess e.V. (KOK) sind ein Zusammenschluss von zurzeit 38 Nichtregierungsorganisationen, die sich gegen den weltweiten Frauenhandel und für die Verwirklichung der Rechte von Migrantinnen einsetzen.

Frauenhandel ist eine eklatante Menschenrechtsverletzung an Frauen und kann in die Prostitution, in die Ehe und in die Arbeit erfolgen. Obwohl diese letztgenannte Form von Menschenhandel im § 233 Strafgesetzbuch „Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft“ als Straftat definiert und erfasst ist, ergeben sich in der Praxis bei der Identifizierung von Betroffenen erhebliche Probleme. Diese fehlende Identifizierung führt dazu, dass die Betroffenen kaum Zugang zu bedarfsgerechter Unterstützung erhalten. Zudem wird trotz der bestehenden Problematik in Deutschland das Thema Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung bislang weder im politischen noch im gesellschaftlichen Diskurs eingehend behandelt. 

Schon die juristische Definition ist unbestimmt. Eine Voraussetzung des § 233 StGB ist das Vorliegen eines „auffälligen Missverhältnisses zu den Arbeitsbedingungen anderer Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer in gleicher oder vergleichbarer Tätigkeit“. Der Begriff „auffälliges Missverhältnis“ bedarf einer genaueren Auslegung und Bestimmung. Eine solche Definition ist bislang weder von der Rechtsprechung noch von Rechtsgelehrten entwickelt worden. 

 

Ferner zeigen die Erfahrungen der Fachberatungsstellen, dass sich das Fehlen eines branchenüblichen und allgemein als angemessen anerkannten Arbeitslohns nachteilig auf die Situation von Betroffenen auswirkt. Menschenhandel zur Arbeitausbeutung findet vorwiegend im informellen Dienstleistungssektor, unter anderem in der Sex- und Unterhaltungsindustrie, in privaten Haushalten und als Missbrauch von Au-Pairs, im Gaststättengewerbe und in der Landwirtschaft statt. Gemeinsam ist diesen Bereichen, dass sie wenig reguliert sind und ein branchenüblicher und angemessener Arbeitslohn nicht oder nur sehr schwer zu bestimmen ist. Ein auffälliges Missverhältnis der Arbeitsbedingungen als ein Zeichen eines ausbeuterischen Arbeitsverhältnisses zu bestimmen ist dadurch kaum möglich. 

Die Betroffenen tragen die Folgen, indem sie wegen mangelnder Indikatoren nicht als Betroffene von Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung anerkannt werden und als Folge der mangelnden Identifizierung nicht von den bestehenden Hilfs- und Unterstützungsangeboten profitieren können. Außerdem haben sie in den meisten Fällen nicht einmal die Möglichkeit, ihre Ansprüche auf Schadensersatz oder ausstehenden Arbeitslohn einzuklagen, da Vergleichskriterien für eine angemessene Entlohnung fehlen. 

Daher setzt sich der KOK für die Einführung von gesetzlichen branchenspezifischen Mindestlöhnen ein.

Ein Mindestlohn dient dabei: 

  • als Vergleichskriterium zur Feststellung eines auffälligen Missverhältnisses, 
  • als Erkennungshilfe für Betroffene, 
  • als Hilfe für die Beweisführung bei Schadensersatzprozessen und bei Prozessen vor den Arbeitsgerichten, 
  • als Indikator für Fachberatungsstellen, Gewerkschaften, Zollämter, die Finanzkontrolle Schwarzarbeit, Strafverfolgungsbehörden und die Justiz, 
  • als Maßnahme zur Prävention.

Die Einführung von Mindestlöhnen kann den Menschenhandel zum Zwecke der Ausbeutung der Arbeitskraft weder beseitigen noch verhindern. Gesetzliche branchenspezifische Mindestlöhne tragen aber dazu bei, die Situation der Betroffenen zu verbessern und sie in ihren Rechten zu stärken.

Berlin, 11. Dezember 2007

Download als PDF http://kok-buero.de/data/Medien/MindestlohnForderungdesKOK.pdf

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