Aktuelles im KOK

Studie kritisiert mangelnde Datenschutzstandards im Ausländerzentralregister

Das Ausländerzentralregister (AZR) erfasst seit den 1950er Jahren Personen, die ohne deutsche Staatsangehörigkeit in Deutschland leben oder die nach einem früheren Aufenthalt Deutschland verlassen haben. Darüber hinaus werden auch Daten von Personen gespeichert, denen eine Einreiseerlaubnis verweigert wurde. Mitte 2021 waren annährend 19 Mio. Personen im AZR erfasst, davon lebten 11,6 Mio. in Deutschland.

Cover GFF Studie zu Ausländerzentralregister

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hat im Januar 2022 eine Studie und Rechtsgutachten zum Ausländerzentralregister veröffentlicht. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass das AZR in Folge zahlreicher Erweiterungen in den vergangenen Jahren, eine kritische Menge an personenbezogenen sensiblen Daten speichert, was ein hohes Potenzial für Missbrauch birgt.

Neben Angaben zur Person und zum Aufenthaltsstatus würden mittlerweile auch Daten zu Gesundheit, Bildung und Familie gespeichert. Durch ein Erweiterungsgesetz im Jahre 2021 sei es ermöglicht worden, dass künftig auch Bescheide aus Asylverfahren sowie asyl- und aufenthaltsrechtliche Gerichtsentscheidungen erfasst würden. Auf diese Weise würden nunmehr auch sensible Informationen, etwa zu politischen Überzeugungen, sexueller Orientierung oder psychischen Erkrankungen, erfasst. Hinzugekommen seien ferner Angaben zu Integrationskursen sowie zu früheren Wohnsitzen in Deutschland, ab November 2022 würden auch ausländische Identifikationsnummern gespeichert.

Nicht nur die Menge und Sensibilität der erhobenen Daten wird kritisiert. Auch der zunehmend ausgeweitete Zugriff von mittlerweile 16.000 Institutionen auf das Register, neben Ausländerbehörden auch Strafverfolgungsbehörden, Sozialämter, Jobcenter, Jugendämter, Gesundheitsbehörden und Gerichte, birgt die Gefahr von missbräuchlicher Abrufung und Nutzung der sensiblen Daten sowie Risiken von Datenlecks und unbefugter Datenweitergabe.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Betroffene nicht über die Speicherung ihrer Daten im AZR informiert werden.

Gemeinsam mit der Studie wurde ein Rechtsgutachten zur verfassungs- und unionsrechtlichen Bewertung des AZR veröffentlicht. Das Gutachten bewertet die Datensammlung des Registers als grundsätzlich verfassungskonform, jedoch seien einige Ermächtigungen zur Datenspeicherung unverhältnismäßig, zu unbestimmt oder zu weit gefasst. Als Grundrechtsverletzung seien auch einige der Möglichkeiten zu bewerten, Daten des AZR, zu anderen Zwecken als der Migrationsverwaltung, für andere Behörden bereitzustellen. Dies stelle zudem eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar, da vergleichbare systematische Möglichkeiten der Datenabfrage für deutsche Staatsangehörige nicht existierten.

Das Rechtsgutachten kommt somit zu dem Ergebnis, dass weite Teile des Ausländerzentralregistergesetzes (AZRG) gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, gegen das Diskriminierungsverbot und gegen europarechtliche Vorgaben zum Datenschutz verstoßen.

Die GFF plane nun gemeinsam mit den Betroffenen und auf Grundlage des Rechtsgutachtens strategische Klagen gegen das AZRG vor den Verwaltungsgerichten und dem Bundesverfassungsgericht.

Gefördert vom
Logo BMFSFJ
KOK ist Mitglied bei

Kontakt

KOK - Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V.
Lützowstr.102-104
Hof 1, Aufgang A
10785 Berlin

Tel.: 030 / 263 911 76
E-Mail: info@kok-buero.de

KOK auf bluesky