Gestern wurde der neue TIP-Report offiziell herausgegeben in dem die US-Regierung jährlich die Situation von Menschenhandel weltweit auswertet. In diesem Bericht werden auch die Bemühungen der deutschen Bundesregierung in der Bekämpfung und Verhütung des Menschenhandels sowie die Unterstützung für Betroffene und der Zugang zum Recht evaluiert. Deutschland ist nun im zweiten Jahr infolge in die Stufe TIER 2 kategorisiert, da die Mindeststandards (die von der US-Regierung festgelegt wurden) nicht erfüllt werden. Zuletzt war Deutschland im Jahr 2018 in der TIER 1 Kategorie, 2019 wurde aufgrund der jährlichen Evaluierung Deutschland erstmals heruntergestuft.
Im diesjährigen Bericht wird die Statistik des Bundeslagebildes des BKA von 2019 nicht berücksichtigt, da diese noch nicht herausgebracht wurde. Alle statistischen Werte beziehen sich daher auf das Jahr 2018 und die vorherigen Jahre.
Der US Bericht wird von zivilgesellschaftlichen Organisationen zum Teil kritisch gesehen, da er die Bewertung auf von den USA festgelegten Mindeststandards durchführt und vermutet wird, dass die Einstufungen als diplomatisches Instrument eingesetzt werden. Sich selbst sehen die USA in der erfolgreichsten Kategorie verortet, in der Menschenhandel besonders wirksam bekämpft werde.
Im diesjährigen Bericht werden die Handlungsempfehlungen für die deutsche Bundesregierung benannt, hier eine Auswahl der wichtigsten Empfehlungen:
• Stärkere Bemühungen in den Ermittlungsverfahren sowie in der Strafverfolgung von Verdachtsfällen von Menschenhandel, insbesondere in Fällen von Arbeitsausbeutung und Zwangsprostitution
• Höhere Strafmaß - Sätze für verurteilen Menschenhändler*innen sollen eingeführt werden, sowie eine höhere Verurteilungsrate erreicht werden
• Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung in allen seinen Formen, sowie die Identifizierung von Betroffen und Strafverfolgung sollen stärker priorisiert werden
• Strukturen zur Verbesserung der systematischen Versorgung von minderjährigen und männlichen Betroffenen von Menschenhandel sollen etabliert werden
• Einführen eines nationalen Aktionsplans zur Bekämpfung und Verhütung des Menschenhandels
• Flächendeckende Schulungen zur Sensibilisierung von Fachkräften, insbesondere von Strafverfolgungsbehörden, insbesondere Ermittler*innen und Richter*innen
Trotz berechtigter Kritik sind die Handlungsempfehlungen ein wichtiges Zeichen für die deutsche Regierung, auch in den Bundesländern. Eine flächendeckende Versorgung von Betroffenen von Menschenhandel kann von zivilgesellschaftlichen Organisationen, aufgrund fehlender Ressourcen und Einrichtungen zur Beratung und Unterbringung, noch immer nicht gewährleistet werden. Es besteht weiterhin Handlungsbedarf für adäquate Ermittlung, Strafverfolgung, Betreuung und Zugang zum Recht für Betroffene von Menschenhandel.