Nichtregierungsorganisationen fordern seit langem entsprechend dem Palermo-Protokoll, dass neben dem Handel in die sexuelle Ausbeutung und Handel in die Arbeit auch der Handel in die Ehe strafbar sein muss.
Mit der Gesetzesänderung für den Bereich Menschenhandel (§§ 232, 233 StGB) wurde zwar der Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und der Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft entsprechend den EU-Vorgaben als Straftatbestand verankert - der Handel in die Ehe wurde dem Wortlaut nach jedoch nicht ausdrücklich in das Strafgesetz aufgenommen.
Vor Verabschiedung des Gesetzes wurde von ExpertInnen in verschiedenen Stellungnahmen gefordert, dass der Gesetzgeber den Straftatbestand des Handels in die Ehe durch ganz konkrete Formulierungen in den §§ zu Menschenhandel unterstreicht. Vorgeschlagen wurde, in den Katalog der ausbeuterischen Zwecke auch aufzunehmen, wenn eine Person zur „Aufnahme oder Fortsetzung einer Ehe oder eheähnlicher Beziehung“ gebracht wird. Nach Durchsicht des aktuellen Gesetzes wurde dies jedoch nicht berücksichtigt. RechtsexpertInnen streiten sich nunmehr darüber, ob der Handel in die Ehe von den Straftatbeständen des Menschenhandels erfasst ist.
Ausdrücklich ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Handel in die Ehe nicht mit der Zwangsheirat gleichzusetzen ist. Unter der Zwangsheirat, welche in § 237 StGB geregelt ist, wird verstanden, dass wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe nötigt, mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft word. Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist
Beim Handel in die Ehe ist es durchaus so, dass die betroffene Frau sich mit der Heirat einverstanden erklärt hat, sie allerdings während ihrer Ehe missbraucht bzw. in verschiedener Hinsicht ausgebeutet wird.
Zum heutigen Zeitpunkt lassen sich die Auswirkungen auf die Strafverfolgung noch nicht absehen. In der Lobby- und Sensibilisierungsarbeit ist sicherlich besonders darauf hinzuweisen, dass diese Straftaten an Frauen nunmehr im deutschen Strafgesetz ihren Niederschlag gefunden haben könnten. Jedoch muss das neue StGB und dessen Rechtsauslegung zunächst noch aus kriminologischer und juristischer Sicht bewertet werden. Es wäre zu definieren, in welchen konkreten Fällen Menschenhandel vorliegt. Eine Kommentarisierung existiert derzeit noch immer nicht. Ist Heiratshandel tatsächlich ein Straftatbestand nach deutschem Recht, könnten von Heiratshandel betroffene Frauen Anzeige wegen Menschenhandels erstatten.
Es ist an dieser Stelle eine rechtliche Klarstellung zu fordern. Der KOK e.V. wird sich eingehend dieser Thematik widmen. Letztlich wird aber erst der 1. angezeigte und verhandelte Fall vor dem Strafgericht uns Klarheit darüber bringen, welcher Auffassung die Gerichte folgen.
Wollen von Gewalt in der Ehe betroffene Frauen die gegen sie verübten Gewalttaten zur Anzeige bringen, so bestehen grundsätzlich nach geltendem Recht folgende Möglichkeiten:
All diese Delikte sind nebenklagefähig gemäß StPO, bei Körperverletzungen jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen.