OLG Saarbrücken, Urteil vom 1.7.2008
Aktenzeichen 4 U 392/07-130

Stichpunkte

Zivilverfahren um Entschädigungszahlungen für Vergewaltigung mit schwerer Körperverletzung durch Stichwunden; Reduzierung der Entschädigungssumme von 30.000 auf 25.000 Euro; detaillierte Ausführungen zu den Kriterien für die Bemessung des Schmerzensgeldes und die Geltendmachung materieller Schäden, wie z. B. Verdienstausfall, Kleidung und Fahrtkosten zu Psychotherapie, Beratungsstellen und ärztlicher Behandlung.

Zusammenfassung

Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken reduziert auf die Berufung des Beklagten hin das Schmerzensgeld für eine Vergewaltigung mit schwerer Körperverletzung durch Messerstiche von 30.000 auf 25.000 Euro.

Die Klägerin hatte in der Gaststätte des Beklagten regelmäßig als Kellnerin gejobbt. Im August 2005 hatten die beiden vor Öffnung der Gaststätte gemeinsam große Mengen Alkohol getrunken und Spiele gespielt, bei denen die Frau einige Kleidungsstücke ablegte. Später gingen sie gemeinsam in die benachbarte Wohnung des Beklagten, wo dieser der Frau mehrere Messerstiche versetzte, sie bedrohte, fesselte und vergewaltigte.

Für die Tat wurde er strafrechtlich wegen schwerer Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung zu fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Zivilrechtlich wurden der Klägerin vom Landgericht (LG) Saarbrücken 30.000 Euro Schmerzensgeld und rund 2.500 Euro Schadenersatz für den materiellen Schaden zugesprochen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, da er die Schmerzensgeldsumme für überhöht und den materiellen Schaden für zu wenig belegt erachtet.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken reduziert das Schmerzensgeld daraufhin auf 25.000 Euro. Es führt aus, dass die Tat aufgrund der Feststellungen im hinzu gezogenen Strafurteil als erwiesen betrachtet werden konnte, da der Beklagte sie nicht hinreichend bestritt. Zwar berief er sich im Zivilverfahren darauf, dass er sich infolge des Alkoholkonsums nicht erinnere. Im Strafverfahren habe er aber detaillierte Angaben gemacht und die Tat im Wesentlichen eingeräumt. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist eine wertende Gesamtschau vorzunehmen. Als Kriterien ist – im Hinblick auf die Ausgleichsfunktion – insbesondere auf die Heftigkeit und Dauer der Schmerzen und Entstellungen sowie die Auswirkungen auf die konkrete Lebenssituation, wie zum Beispiel psychische Folgeschäden und Arbeitsunfähigkeit, zu berücksichtigen. Für die Genugtuungsfunktion spielen das Verschulden des Schädigers, ein eventuelles Mitverschulden des bzw. der Geschädigten sowie die wirtschaftliche Situation beider eine Rolle. Anhaltspunkte können auch zugesprochene Schmerzensgeldsummen in ähnlichen Fällen sein. In diesem Fall hat sich das Gericht vorrangig auf die Stichverletzungen und die erniedrigende Vergewaltigung bezogen. Es hat aber auch die starke Alkoholisierung beider und das Verhalten der Klägerin berücksichtigt, die sich in die verfängliche Situation begeben hatte, auch wenn ihr dies nicht vorzuwerfen sei.

Die von der Klägerin geltend gemachten materiellen Schäden in Höhe von 3.300 Euro für  Fahrtkosten zu Therapien und Beratung, Kleidung sowie Verdienstausfall und Anwaltskosten sah das Gericht nur teilweise als hinreichend belegt an und sprach ihr hierfür insgesamt rund 2.600 Euro zu.

Entscheidung im Volltext:

OLG_Saarbrücken_01_07_2008 (PDF, 69 KB, nicht barrierefrei)

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