BGH, Urteil vom 14.10.1998
Aktenzeichen 2 StR 436/98

Stichpunkte

Revisionsentscheidung im Strafverfahren; Abänderung der Entscheidung im Adhäsionsverfahren wegen Begründungsfehlern; neben den Tatumständen und den Folgen für das Opfer sind auch die wirtschaftlichen Verhältnisse von Täter und Opfer maßgebend für Schmerzensgeldbemessung; Ausführungen zur Möglichkeit des Erlasses eines Grundurteils im Adhäsionsverfahren; Revisionsgericht kann die Entscheidung zum Entschädigungsanspruch dem Grunde nach aufrechterhalten, wenn nur die Bemessung der Entschädigungshöhe fehlerhaft war

Zusammenfassung

Der Bundesgerichtshof (BGH) ändert auf die Revision des Angeklagten den Urteilsspruch des Landgerichts (LG) dahin, dass an die Stelle der Verurteilung zur Zahlung einer bestimmten Schmerzensgeldsumme die Feststellung tritt, dass ein Anspruch der Nebenklägerin auf Schmerzensgeld dem Grunde nach besteht. Der Angeklagte war unter anderem wegen versuchten Totschlags zu einer Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 35.000,- DM an die Nebenklägerin verurteilt worden. In der Begründung zur Bemessung des Schmerzensgeldes hatte das Gericht lediglich angeführt, insbesondere die Tatbegehung und die Tatfolgen berücksichtigt zu haben. Der BGH führt aus, dass dies nicht ausreichend ist, da auch die wirtschaftlichen Verhältnisse von Täter und Opfer bei der Festsetzung der Entschädigungshöhe einzubeziehen sind. Im Urteil des Landgerichts fehlte es aber an der Feststellung der Einkommensverhältnisse der Beteiligten. Dieser Rechtsfehler beziehe sich aber nur auf die Höhe und nicht auf den Grund des Entschädigungsanspruches. Das Strafgericht habe im Adhäsionsverfahren nach § 406 Absatz 1 Satz 2 Strafprozessordnung die Möglichkeit ein Grundurteil zu erlassen, also die Entscheidung darauf zu beschränken, dass  ein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach besteht, ohne die Höhe festzusetzen. Dies gäbe dem Revisionsgericht die Möglichkeit, bei einer fehlerhaften Bemessung der Schmerzensgeldhöhe nur diese aufzuheben, die Anerkennung eines Anspruches dem Grunde nach aber aufrecht zu erhalten. Dies entspräche auch einer ökonomischen Verfahrensgestaltung, da dadurch verhindert würde, dass der Schädiger im nachfolgenden Zivilverfahren Einwendungen erhebt und damit eine wiederholte Beweisaufnahme veranlasst.

 

Entscheidung im Volltext:

bgh_14_10_1998 (PDF, 161 PDF, nicht barrierefrei)

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