BGH, Beschluss vom 18.1.2011
Aktenzeichen 3 StR 467/10

Stichpunkte

Strafverfahren wegen sexueller Nötigung einer Prostituierten; Nötigung keine Erpressung im Hinblick auf Lohnverzicht.

Zusammenfassung

Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt fest, dass die sexuelle Nötigung einer Prostituierten keine Erpressung im Hinblick auf den Verzicht auf den Prostituiertenlohn darstellt. Der BGH hebt auf die Revision des Angeklagten gegen seine Verurteilung wegen sexueller Nötigung und Erpressung durch das Landgericht (LG) Hannover hin, den Schuldspruch wegen Erpressung auf.

Der Angeklagte hatte die Geschädigte in ihrem Wohnmobil aufgesucht, wo sie der Prostitution nachging. Nachdem er sich zunächst als zahlungswilliger Freier ausgab, zwang er sie dann jedoch unter Drohung mit einer Schreckschusspistole, ihn sexuell zu befriedigen. Die Geschädigte tat dies. Danach gelang ihr die Flucht.

Das Landgericht Hannover sah dadurch nicht nur eine schwere sexuelle Nötigung gegeben. Der Angeklagte habe die Geschädigte auch zum Verzicht auf ihren Prostituiertenlohn nötigen wollen und somit eine Erpressung begangen.

Dieser Rechtsansicht folgt der Bundesgerichtshof nicht. Einer Prostituierten, die Opfer eines Sexualdeliktes wird, stehen aus der Tat Entschädigungsansprüche wie jedem anderen Opfer zu, Lohnansprüche erwachsen daraus jedoch nicht. Eine andere Wertung ergibt sich auch nicht aus dem Prostitutionsgesetz. Eine Erpressung wäre nur dann anzunehmen, wenn es zu einvernehmlichen entgeltlichen sexuellen Handlungen kommt und der Täter danach einen Lohnverzicht abnötigt. Dies war hier nicht der Fall. Der Bundesgerichtshof weist zur Neuverhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück.

Entscheidung im Volltext:

BGH_18_01_2011 (PDF, 84 KB, nicht barrierefrei)

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