Überraschende Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Strafverfahren wegen Raubes zu Lasten einer Prostituierten; Senat erklärt Rechtsgeschäfts zwischen Freiern und Prostituierten für sittenwidrig; Prostitutionsgesetz normiere nur nach Vornahme der Dienstleistung ausnahmsweise trotz Sittenwidrigkeit einen Zahlungsanspruch der Prostituierten
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hebt die Verurteilung eines Freiers wegen Raubes auf. Der Mann hatte versucht, einer Prostituierten den im Voraus gezahlten Lohn wieder abzunehmen. Nachdem die beiden sexuelle Dienstleistungen vereinbart, aber noch nicht vollzogen hatten, überlegte der Mann es sich anders und forderte die bereits gezahlten 20 Euro zurück. Da die Frau dies verweigerte, versuchte der Mann erfolglos ihr das Geld gewaltsam wegzunehmen. Dafür war er vom Landgericht (LG) wegen versuchten Raubes zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Auf seine Revision hob der BGH das Urteil auf. Der Senat war der Ansicht, dass in dem Urteil nicht ausreichend begründet sei, dass dem Täter bewusst war, keinen Anspruch auf Rückforderung des Geldes zu haben. Das LG habe unzureichend nur darauf verwiesen, Freier wüssten üblicherweise, dass ein solcher Anspruch nicht bestehe. Denn anders als das LG hält der BGH grundsätzlich einen Anspruch des Angeklagten auf Rückzahlung des im Voraus Geleisteten wegen ungerechtfertigter Bereicherung für gegeben. Die Vereinbarung der Vornahme sexueller Dienstleistungen gegen Entgelt sei wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig, die Zahlung somit ohne Rechtsgrund erfolgt. Dem stehe auch § 1 ProstG nicht entgegen, da dieser einen wirksamen Anspruch der Prostituierten trotz Sittenwidrigkeit des Geschäfts nur ausnahmsweise für den Fall festschreibe, dass die sexuelle Dienstleistung bereits erbracht wurde. Ein Rückzahlungsanspruch des Angeklagten wäre gemäß § 814 oder § 817 BGB dann ausgeschlossen, wenn er gewusst hätte, dass er nicht zur Zahlung verpflichtet war bzw. sittenwidrig handelte. Dies hält der Senat bei dem aus einem anderen Kulturkreis stammenden und der deutschen Sprache nicht mächtigen Angeklagten für nicht selbstverständlich. Da entsprechende Feststellungen fehlten, verwies der Senat an das LG zur Neuverhandlung und -entscheidung zurück.
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