VG Berlin, Beschluss vom 14.4.2016
Aktenzeichen VG 23 L 176.16 A

Stichpunkte

Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren um Abschiebeschutz für Roma aus Moldawien; Ausführungen zur offensichtlichen Unbegründetheit eines Asylbegehrens und den erforderlichen Darlegungen im Ablehnungsbescheid; liegt keine gefestigte Rechtsprechung zur Gruppenverfolgung im Herkunftsland vor, sind Stellungnahmen von Sachverständigen erforderlich

Zusammenfassung

Das Verwaltungsgericht (VG) ordnet die aufschiebende Wirkung der Klage eines Roma aus Moldawien gegen seine Abschiebung an. Das Gericht sieht ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asyl als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Das VG macht umfassende Ausführungen dazu, wann eine solche offensichtliche Unbegründetheit bei Berufung auf Gruppen- oder Einzelverfolgung vorliegt. Sei ein Antrag lediglich schlicht unbegründet, habe das VG im Falle der Klage aufschiebende Wirkung anzuordnen. Das VG stimmt dem BAMF insoweit zu, als dass der Kläger zu seiner individuellen Verfolgung keine ausreichenden Angaben gemacht hat. Der Kläger habe sich aber in seiner Anhörung auf eine Gruppenverfolgung berufen, indem er angab, als Roma in Moldawien ausgegrenzt zu sein. Belegt habe er dies mit Problemen, eine ausreichende gesundheitliche Versorgung für seine Lebensgefährtin und die gemeinsame Tochter zu bekommen. Das Bundesamt hatte ohne weitere Darlegung asyl- oder flüchtlingsrelevante Gründe abgelehnt. Das rügt das VG als unzureichend. Hier sei auch darauf abzustellen, ob die Behörde die Ablehnung einer Gruppenverfolgung auf gesicherte Erkenntnisse stützen kann. Anders als in Bezug auf Serbien gäbe es aber für Moldawien keine gefestigte Rechtsprechung zur Gruppenverfolgung von Roma. Daher hätte das BAMF eindeutige Stellungnahmen von Sachverständigen anführen müssen, die darlegen, dass eine Gruppenverfolgung offensichtlich ausgeschlossen ist. Da das BAMF sich auch nicht erkennbar mit Berichten von Nichtregierungsorganisationen zur Diskriminierung von Roma in Moldawien auseinandergesetzt hatte, hat das VG ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheids und ordnet die aufschiebende Wirkung der Klage an.

 

Entscheidung im Volltext:

vg_berlin_14_04_2016 (PDF, 120 KB, nicht barrierefrei)

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