LG Saarbrücken, Urteil vom 4.7.2017
Aktenzeichen 2 Kls 7/17

Stichpunkte

Entscheidung im Strafverfahren um Ausbeutung rumänischer und bulgarischer Arbeiter; Stundenlohn zwischen 60 Cent und 3 Euro; Verurteilung wegen Betruges und Vorenthaltung von Arbeitsentgelt; Freiheitsstrafe von 3 Jahren und neun Monaten

Zusammenfassung

Das Landgericht (LG) verurteilt den Angeklagten wegen Betruges, Vorenthaltens und Veruntreuung von Arbeitsentgelt zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und neun Monaten. Der Angeklagte betrieb selbständig zwei Baufirmen, in denen er Familienangehörige und von ihm abhängige Arbeiter als Geschäftsführer und Gesellschafter eingesetzt hatte. Diese hatten jedoch keinerlei eigene Entscheidungsbefugnisse. Der Angeklagte warb in Bulgarien und Rumänien Arbeiter für seine Baustellen an, denen er Stundenlöhne von 6-7 Euro  zusagte. Er plante jedoch einen geringeren Lohn zu zahlen, den die Arbeiter mit Sozialleistungen aufstocken sollten. Der Mindestlohn im Baugewerbe lag bei 14 Euro. Der Angeklagte führte für die Arbeiter auch keinerlei Sozialabgaben ab. Bestanden die Arbeiter auf ihren zugesagten Lohn, vertröstete er sie mit geringen „Vorschusszahlungen“. Außerdem ging er mit ihnen zu den Behörden und beantragte Sozialleistungen wie Kinder- und Wohngeld. Die Arbeiter waren in maroden Immobilien des Angeklagten untergebracht, wofür dieser das Wohngeld vom Jobcenter bezog.

Das Gericht stellt die Fälle der Geschädigten dar, die für Löhne zwischen 60 Cent und 2,50 Euro fast rund um die Uhr arbeiteten, völlig mittellos waren und daher auch eine Rückkehr in ihre Heimat nicht bezahlen konnten. Hierdurch waren die Arbeiter vom Angeklagten abhängig. Ihnen entstanden durch die Tat im Verhältnis zur zugesagten Lohnhöhe Einkommensschäden zwischen rund 900 und 3.000 Euro.

Ebenso macht das LG eine Aufstellung zu den in den Sozialversicherungen entstandenen Schäden und stellt einen Gesamtversicherungsschaden von rund 46.000 Euro fest. Das Gericht verurteilt den Angeklagten wegen Betruges und Vorenthaltens bzw. Veruntreuung von Arbeitsentgelt zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten. Zugunsten des Angeklagten wertet es dabei, dass dieser das bei ihm gepfändete Bargeld in Höhe von knapp 600 Euro einem der Geschädigten, der als Nebenkläger auftrat, zukommen ließ. Strafschärfend fiel die einschlägige Vorstrafe des Angeklagten aus.

 

Entscheidung im Volltext:

lg_saarbruecken_04_07_2017 (PDF, nicht barrierefrei)

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