Interessante Entscheidung im Sozialgerichtsverfahren um Elterngeldanspruch bei ungeklärter Identität der Leistungsempfänger; kein Leistungsausschluss bei ungeklärter Identität im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vorgesehen; Landesrecht auf Bundesleistungen nicht anwendbar
Das Sozialgericht München (SG) spricht einer Syrerin einen Anspruch auf Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate ihrer Tochter zu.
Die Frau war 2015 nach Deutschland gekommen und als Flüchtling anerkannt worden. Zusammen mit dem erwerbstätigen Vater ihres im Juni 2017 geborenen Kindes bezieht die Frau seit Mai 2017 aufstockende Hartz-IV-Leistungen. Im August 2017 stellte sie einen Antrag auf Elterngeld unter Vorlage einer standesamtlichen Bescheinigung, die ausdrücklich der Beantragung von Elterngeld diente. Die Bescheinigung enthielt beim Familiennamen des Kindes die Bemerkung `Namensführung nicht nachgewiesen´ und beim Namen der Mutter `Identität nicht nachgewiesen´.
Der Antrag wurde wegen ungeklärter Identität unter Verweis auf Art. 12 Bayerisches Integrationsgesetz (BayIntG) abgelehnt. Hiergegen erhob die Frau Widerspruch und gegen dessen Ablehnung Klage.
Das Sozialgericht spricht ihr einen Anspruch zu. Es stellt zunächst fest, dass die Frau die Voraussetzungen insoweit erfüllt, als sie in Deutschland mit ihrer Tochter zusammen wohnt, diese betreut und nicht voll erwerbstätig ist. Ebenso verfüge sie mit einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) mit Gestattung der Erwerbstätigkeit über den erforderlichen Aufenthaltsstatus nach § 1 Abs. 7 Nr. 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).
Dass die Frau ihre Identität nicht durch Geburtsurkunde bzw. Auszug aus dem Personenstandsregister belegen kann, stehe einem Anspruch nicht entgegen, da das BEEG keinen Leistungsausschluss bei Zweifel an der Identität der Leistungsberechtigten vorsieht.
Das Gericht sieht auch keinen Grund für Zweifel an der Identität der Klägerin.
Art. 12 BayIntG, auf den sich die Elterngeldstelle beruft, sei auf Elterngeld zudem nicht anwendbar, da es sich dabei um eine Bundesleistung handele, das BayIntG jedoch die Vergabe von Landesmitteln regele.
Da es alle Voraussetzungen erfüllt sieht, spricht das SG der Klägerin für zwölf Monate einen Anspruch auf Elterngeld von monatlich 300,- Euro zu.
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