Anders als in vielen Staaten der Welt ist die Prostitution bzw. Sexarbeit in Deutschland weder sittenwidrig noch verboten. Der KOK begrüßt dies, da die Stigmatisierung und Verurteilung der Prostitution besonders die Frauen trifft, welche sie selbstbestimmt ausüben.
Allerdings hat es in Deutschland sehr lange gedauert, bis sich eine eher akzeptierende Haltung zur Prostitution auch im Gesetz niedergeschlagen hat.
Erst mit der Verabschiedung des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2002 erhielten Sexarbeitende per Gesetz Rechte, die der Sittenwidrigkeit entgegenstehen.
Der KOK e.V. legt besonderen Wert darauf, dass sorgsam zwischen Prostitution und Menschenhandel unterschieden wird. Frauen, die freiwillig in der Sexarbeit tätig sind, treten wir mit Respekt und Achtung entgegen, wir stigmatisieren sie nicht und wollen, dass die freiwillige Prostitution als persönliche Entscheidung anerkannt wird. Sexarbeitenden per sé das Recht abzusprechen, freiwillig zu arbeiten, missachtet ihre Selbstbestimmung und eigene Verantwortung.
Deutlich möchten wir darauf hinweisen, dass nicht alle Sexarbeitenden oder Migrant*innen in der Prostitution von Menschenhandel betroffen sind!
Menschenhandel liegt erst dann vor, wenn Personen sexuell oder zum Zweck der Ausbeutung ihrer Arbeitskraft instrumentalisiert und missbraucht werden.
Das Prostituiertenschutzgesetz:
Im Juni 2014 waren zahlreiche Expert*innen ins Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) eingeladen worden, um das Thema "Regulierung des Prostitutionsgewerbes" zu diskutieren. Auf Grundlage dieses Fachaustausches wurde ein Referentenentwurf für das Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen erarbeitet und im August 2015 vorgelegt. Ziele des Gesetzes sind u.a. die Situation und Rechtsstellung von in der Prostitution tätigen Personen zu verbessern und Kriminalität, wie Menschenhandel, Gewalt gegen und Ausbeutung von Prostituierten sowie Zuhälterei, zu bekämpfen. Der Entwurf sah neben einer verpflichtenden Anmeldung und Gesundheitsberatung für Prostituierte auch eine Erlaubnispflicht inklusive Zuverlässigkeitsprüfung für Bordellbetreiber*innen vor sowie viele weitere Regelungen zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes.
Der Referentenentwurf wurde im Rahmen einer Verbändeanhörung von verschiedenen Seiten kritisiert, unter anderem auch, weil befürchtet wurde, dass mit dem vorgeschlagenen Gesetz die Rechte von in der Prostitution tätigen Personen nicht gestärkt und Ansätze zur Bekämpfung von Menschenhandel und Regulierung von Prostitution vermengt werden. Diese Bedenken äußerte auch der KOK in seiner Stellungnahme.
Der Gesetzentwurf wurde in zweiter und dritter Lesung am 07. Juli 2016 vom Bundestag beschlossen, das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) trat am 01. Juli 2017 in Kraft.
Seit Juli 2022 wird das ProstSchG im Auftrag des BMFSFJ evaluiert, um die Auswirkungen des Gesetzes, auch auf die in der Prostitution tätigen Menschen, zu bewerten.
Verschiedene Entwicklungen in einzelnen Bundesländern sowie Informationen zum Prostituiertenschutzgesetz finden sich auf der Webseite www.prostituiertenschutzgesetz.info.
Beratung zu Prostitution und Sexarbeit
Einige im KOK e.V. vernetzten Fachberatungsstellen beraten und unterstützen Sexarbeitende sowohl hinsichtlich rechtlicher Grundlagen und Gesundheit als auch zu Möglichkeiten des Umstieges. Über die Fachberatungsstellensuche des KOK können Standorte, Beratungsangebote und Kontaktdaten von Beratungsstellen deutschlandweit abgerufen werden.
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) hat im Rahmen des Bundesmodellprojekts Unterstützung des Ausstiegs aus der Prostitution von November 2011 bis Mai 2015 drei regionale Modellprojekte finanziert.
Nach Beendigung der Modellphase erklärte das BMFSFJ, dass individuelle Förderung und gezielte Unterstützung Vorrausetzungen für eine erfolgreiche Umorientierung und den Ausstieg aus der Prostitution sei. Ebenso von Bedeutung sei eine stärkere Kooperation von Fachberatungsstellen, Bildungsträgern und Jobcentern.
Der Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitung des Modellprojekts mit Handlungsempfehlungen und Leitbild für die Beratungspraxis ist in Lang- sowie Kurzfassung in Deutsch und Englisch hier verfügbar.
Das BMFSFJ fördert weiterhin Modellprojekte zum Umstieg aus der Prostitution.
Weiteres zum Thema Prostitution in Deutschland enthält z.B. die Publikation Prostitution in Deutschland - Fachliche Betrachtung komplexer Herausforderungen von einer unabhängigen Autorinnengruppe. Sie soll einen Beitrag zur Versachlichung und Differenzierung der Debatte um Prostitution in Deutschland leisten. Der Text zielt darauf ab, ein realistisches, von Forschungsergebnissen und Berufserfahrung gestütztes Bild von Prostitution zu vermitteln. Sie finden die Publikation hier.