Verwendete Begrifflichkeiten
Im nachfolgenden Text sprechen wir dann von AusländerInnen, wenn es im Sinne des Gesetzes erforderlich ist. Außerdem gehen wir grundsätzlich von der Konstellation aus, dass die (künftige) Ehefrau Migrantin ist.
Die Eheschließung kann im Herkunftsland der Frau, in Deutschland oder auch anderen Staaten erfolgen.
Ist die Eheschließung vollzogen, haben die Ehefrauen unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Das Vorliegen der Voraussetzungen wird sehr genau geprüft. Es gibt mehrere Fallkonstellationen, nach denen trotz Eheschließung keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Geduldeten Frauen oder Touristinnen beispielsweise wird nach der Eheschließung keine Aufenthaltserlaubnis erteilt - sie müssen zur Erfüllung der Voraussetzungen erst ausreisen und ein Visumsverfahren zwecks Familiennachzugs durchlaufen. Außerdem hängt die Frist der erteilten Aufenthaltserlaubnis auch davon ab, ob es sich bei dem Ehemann um einen deutschen Staatsangehörigen oder einen in Deutschland lebenden Ausländer handelt.
Am 23.06.2011 ist das Zwangsverheiratungsbekämpfungsgesetz in Kraft getreten. Es enthält wesentliche Regelungen zum AufenthaltsG
Nach dem Zwangsverheiratungsbekämpfungsgesetz wird gemäß § 31 AufenthG die eigenständige eheunabhängige Aufenthaltserlaubnis erst nach einer dreijährigen ehelichen Lebensgemeinschaft gewährt. Vormals war eine zweijährige eheliche Lebensgemeinschaft notwendig.
In die drei Jahre wird nur die Zeit eingerechnet, die die nachgezogene ausländische Ehegattin sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist. Die Zeit der Ehe im Ausland wird ebenso wenig mitgerechnet, wie Zeiten einer Duldung. Zum Zeitpunkt der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis muss die Ausländerin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sein.
Der KOK kritisiert die Erhöhung der Dauer der ehelichen Lebensgemeinschaft. Der KOK sieht durch die Erhöhung der Ehebestandszeit eine Gefährdung der Betroffenen, welche gezwungen sind länger in der oftmals von Gewalt gekennzeichneten Lebensgemeinschaft auszuharren. Ferner ist es bedenklich, dass gerade bei türkischen Staatsangehörigen diese Regelungen des Ehegattennachzuges laut Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 9. Dezember 2010 auf Grund vorrangiger europarechtlicher Vorschriften nicht anwendbar sind. Wir verweisen hierbei insgesamt auf die Argumentation von Frau Koopmann-Aleksin in der aktuellen Expertise des KOK zum Thema Zwangsverheiratung.
Eine gesetzliche Ausreisepflicht entsteht, sobald:
Chancen, dennoch ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu erlangen, bestehen lediglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
In § 31 AufenthG heißt es in Abs. 2: „Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen.“
Nach dem Wortlaut des § 31 AufenthG Abs. 2 liegt eine besondere Härte insbesondere dann vor, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenen Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht, oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes.
Es muss bei der Bewertung einer besonderen Härte unterschieden werden nach Härtegründen im Zusammenhang mit
Anders als nach der bis Juni 2000 geltenden Regelung können nach der derzeitigen Rechtslage besonders bedrückende und schwierige Verhältnisse in der Ehezeit berücksichtigt werden, auch dann, wenn sie keine Folgewirkung im Falle der Rückkehr haben. Nach der derzeitigen Regelung können physische und psychische Misshandlungen in der Ehe ausreichen, um eine besondere Härte zu begründen. Dies bleibt aber grundsätzlich eine Frage der Einzelfallbetrachtung.
Nach § 31 Abs 2 AufenthG kann eine besondere Härte, die das Festhalten an der ehelichen Gemeinschaft unzumutbar machen, insbesondere dann gegeben sein, wenn:
Wird im Einzelfall eine besondere Härte festgestellt, so besteht vom Grundsatz ein Rechtsanspruch auf Verlängerung der erteilten Aufenthaltserlaubnis, wenn nicht die Ehegattin/Ausländerin aus von ihr zu vertretenen Gründen auf Sozialhilfe angewiesen ist, oder für ihren Ehemann die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen ist. Der Rechtsanspruch auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis besteht zunächst nur für ein Jahr, und zwar auch dann, wenn Sozialhilfe bezogen wird. Nach Ablauf des Jahres wird über die befristete weitere Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen entschieden.
Aus dem Vorgenannten folgt, dass ein unabhängiges Aufenthaltsrecht gemäß Abs 2 zumindest erst einmal für ein Jahr dann besteht, wenn die Frau physischen oder psychischen Misshandlungen durch ihren Ehegatten ausgesetzt war. Die Schwelle zu der besonderen Härte muss überschritten und im Einzelfall beurteilt werden. Die unter dieser Schwelle, deren Überschreiten im Einzelfall von den Ausländerbehörden zu prüfen ist, schikanierten, gedemütigten und enttäuschten Frauen, haben keinen Anspruch auf ein unabhängiges Aufenthaltsrecht.
Der KOK weist darauf hin, dass trotz der gesetzlichen Regelung der Besonderen Härte in der Praxis den Betroffenen oftmals nicht weitergeholfen ist. Gründe hierfür sind unter anderem die Beweisproblematik, Erfahrungen der Praxis bei der restriktiven Anwendung der Härtefallgründe durch Behörden, Angst der Betroffenen sich Hilfe zu suchen.
Das Recht auf einen dauerhaften Aufenthalt entsteht erst nach Ablauf des eheabhängigen Aufenthaltes. Wird eine Trennung bzw. Scheidung nach der Ehebestandszeit angestrebt, ist es ratsam, vorab von einer Rechtsanwältin / einem Rechtsanwalt prüfen zu lassen, ob tatsächlich die dreijährige Ehebestandszeit erfüllt ist. Hierfür ist nämlich nicht das Datum der Eheschließung maßgebend, sondern es zählen lediglich die Zeiten, in der die Frau während der Ehe in Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis war. Zu berücksichtigen ist auch, dass eine vorübergehende Trennung innerhalb der drei Jahre nicht automatisch von der dreijährigen Ehebestandzeit abgezogen werden darf. Bei "Versöhnung" nach einer Trennung und folglicher Fortführung der Ehe darf davon ausgegangen werden, dass die Zeit der Trennung dennoch anrechenbar bleibt. Aber all das ist dringend im Einzelfall rechtlich zu prüfen!
Mit dem neuen Zwangsverheiratungsbekämpfungsgesetz wurde der neue § 37 Absatz 2 a AufenthG eingefügt. Dieser besagt:
Laut § 37 Absatz 2 a AufenthG kann von den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Voraussetzungen abgewichen werden, wenn der Ausländer rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt wurde und er von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde, er den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens vor Ablauf von fünf Jahren seit der Ausreise, stellt und gewährleistet erscheint, dass er sich auf Grund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Erfüllt der Ausländer die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1, soll ihm eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und er den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis innerhalb von drei Monaten nach Wegfall einer Zwangslage, spätestens jedoch nach Ablauf von zehn Jahren seit der Ausreise, stellt. Absatz zwei bleibt unberührt.“
Diejenigen Ausländer, welche die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Nummer 1 erfüllen, das heißt diejenigen, welche sich vor ihrer Ausreise mindestens acht Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten und sechs Jahre im Bundesgebiet eine Schule besucht haben, wrude darüber hinaus § 51 AufenthG, der die Voraussetzungen für die Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts geändert: Bisher erlosch der Aufenthaltstitel ausländischer Staatsangehöriger regelmäßig sechs Monate nach der Ausreise (vergleiche § 51 Absatz 1 Nr. 7 AufenthG alte Fassung). Für Betroffene von Zwangsverheiratung, die die Voraussetzung des § 37 Absatz 1 Nr. 1 AufenthG erfüllen, wird diese Frist auf zehn Jahre verlängert, wenn sie spätestens drei Monate nach Wegfall der Zwangslage zurückkehren.
Zur Kritik siehe auch hier den Text von Koopmann-Aleksin in der Expertise zum Thema Zwangsverheiratung.