Das Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels (Europaratskonvention Nr.197)
Die Europaratskonvention vom 16. Mai 2005 übernimmt die im Zusatzprotokoll der Vereinten Nationen enthaltene Definition des Begriffs Menschenhandel. Sein sachlicher Anwendungsbereich ist jedoch weiter und erstreckt sich gemäß Artikel 2 auf alle Formen des Menschenhandels, sei er innerstaatlich oder grenzüberschreitend, der organisierten Kriminalität zuzuordnen oder nicht. Im Das Europarats-Übereinkommen dient als bid dato erstes Rechtsinstrument primär dem Opferschutz. Dieser Aspekt wird auch in den Kapiteln IV und V berücksichtigt, die sich mit dem materiellen Strafrecht und der Strafverfolgung befassen (z.B. in den Artikeln 26 ff.).
Kapitel III des Übereinkommens, das ausschließlich dem Schutz und der Förderung der Rechte der Opfer gewidmet ist, enthält einen umfangreichen Katalog von Maßnahmen. Angefangen von der Ausstattung der zuständigen Behörden mit speziell für diese Thematik geschultem und qualifiziertem Personal (Artikel 10) bis hin zur Gewährleistung einer Entschädigung für die Betroffenen (Artikel 15) werden den Vertragsstaaten umfassende Verpflichtungen auferlegt. Die Formulierungen sind erheblich strenger als die vergleichbaren Regelungen des Zusatzprotokolls und lassen den Vertragsparteien dadurch keinen Raum für eigene Beurteilungen. Die Bereitschaft des Opfers, als ZeugIn im Strafprozess aufzutreten, darf dabei nicht zur Voraussetzung für die Gewährung von Unterstützung gemacht werden (Artikel 12 Abs. 6).
Daneben enthält das Europarats-Überkommen strafrechtliche Bestimmungen (Artikel 18 ff.). Neben der Verpflichtung, Menschenhandel unter Strafe zu stellen, umfassen diese auch einige neue Regelungen. Dazu gehört die Pflicht, Handlungen, die typischerweise zur Ermöglichung des Menschenhandels vorgenommen werden (z.B. die Fälschung eines Reise- oder Identitätsdokuments), unter Strafe zu stellen. Darüber hinaus sollen die Vertragsstaaten Maßnahmen erwägen, die die strafrechtliche Verfolgung von Personen, die wissentlich die Dienste von Betroffenen von Menschenhandel in Anspruch nehmen, ermöglichen (Artikel 19).
Im Bereich Prävention greift das Übereinkommen zunächst auf bereits im Zusatzprotokoll enthaltene Maßnahmen zurück. Ein Novum ist die in Artikel 5 Abs. 4 niedergelegte Aufforderung an die Staaten, Migration auf legalem Wege zu ermöglichen.
Die Umsetzung und Anwendung des Übereinkommens wird zum einen von einer Gruppe unabhängiger ExpertInnen für die Bekämpfung des Menschenhandels („GRETA“) und zum anderen von einem Ausschuss, in dem Vertreter der Vertragsstaaten versammelt sind, überwacht. GRETA erstellt auf Grundlage von Informationen aus den Vertragsstaaten Berichte, die neben dem jeweiligen Vertragsstaat, dem Ausschuss der Vertragsparteien und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Auf Grundlage der Berichte von GRETA ist der Ausschuss befugt, Empfehlungen an die Staaten auszusprechen. Außerdem kann er Termine festsetzen, zu denen die Vertragsstaaten Informationen zur Umsetzung der Schlussfolgerungen von GRETA vorlegen müssen.
Das Übereinkommen trat am 1. Februar 2008 in Kraft. Deutschland unterzeichnete es am 17.11.2005, die Ratifizierung folgte am 19.12.2012. Allerdings erfolgte die Umsetzung der Konvention nicht im vollen Umfang. Laut Übereinkommen bekommen minderjährige Betroffene von Menschenhandel ein Aufenthaltsrecht, wenn es das Kindeswohl erfordert. Die derzeitige Gesetzeslage in Deutschland sieht dies nicht vor. In Deutschland wird zum 01.04.2013 das Gesetz zum Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung des Menschenhandels in Kraft treten.