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NEUIGKEITEN

Erster Nationaler Aktionsplan zur Prävention und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz der Betroffenen in Deutschland veröffentlicht

Am 11.12.2024 wurde der erste Nationale Aktionsplan zur Prävention und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz der Betroffenen (NAP MH) veröffentlicht. Er umfasst 126 konkrete Maßnahmen, um die Effizienz in der Bekämpfung zu steigern und fokussiert auf den besseren Schutz der Opfer, insbesondere von Frauen, Kindern und Jugendlichen, durch erweiterte Unterstützungsangebote und gezielte Öffentlichkeitsarbeit. Zudem soll die Zusammenarbeit zwischen Behörden, zivilgesellschaftlichen Akteuren und internationalen Partnern gestärkt werden, um den Kampf gegen Menschenhandel, auch im digitalen Bereich, zu intensivieren. Der Plan, den die Bundesregierung in Abstimmung mit den Ländern erarbeitet hat, sieht auch vor, die Datenlage zu verbessern und die Strafverfolgung durch intensivere Netzwerke und eine erweiterte Ausbildung der Ermittlungsbehörden zu verbessern. Zudem werden die Straftatbestände an die EU-Richtlinie angepasst und kontinuierlich überprüft werden. Der Aktionsplan soll in den kommenden Jahren schrittweise umgesetzt und in vier Jahren aktualisiert werden. Weiterhin erfolgt ein jährliches Monitoring zum Stand der Umsetzung der einzelnen Maßnahmen. Der KOK begrüßt ausdrücklich, dass die Bundesregierung nunmehr einem wichtigen Vorhaben des Koalitionsvertrags nachgekommen ist. In einer Kommentierung im Herbst 2023 hat der KOK einige Anregungen zur inhaltlichen Ausgestaltung des NAP gemacht.  

 

Gewaltschutzstrategie der Bundesregierung

Mit der am 11.12. vom Kabinett verabschiedeten Gewaltschutzstrategie bündelt die Bundesregierung Maßnahmen, die Gewalt gegen Frauen bekämpfen und die Istanbul- Konvention in Deutschland umsetzen sollen. Die Strategie orientiert sich am Vier-Säulen-Prinzip der Istanbul-Konvention, das die Bereiche Gewaltprävention, Gewaltschutz, effektive Strafverfolgung und eine koordinierte Umsetzung umfasst. Eine neu einzurichtende Koordinierungsstelle soll die Maßnahmen der Bundesregierung zum Gewaltschutz zusammenführen und besser aufeinander abstimmen. Diese Stelle soll gewährleisten, dass auch Nichtregierungsorganisationen und die Zivilgesellschaft in die Maßnahmen einbezogen werden.

In der Strategie finden sich auch Maßnahmen, die Auswirkungen auf das Themenfeld Menschenhandel haben, bspw. zu aufenthaltsrechtlichen Regelungen oder auch Maßnahmen in Bezug auf Flucht und Asyl, zu denen sich im NAP Menschenhandel allerdings keine Entsprechung abbildet.

 

UNODC-Bericht 2024: Anstieg des Menschenhandels und der Ausbeutung von Kindern

Laut dem United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) global human trafficking report (UNODC-Bericht) 2024 ist die Zahl der Betroffenen von Menschenhandel weltweit seit 2019 um 25% gestiegen, mit einem besonders besorgniserregenden Anstieg beim Handel mit Kindern und Zwangsarbeit. Auch Jungen, die oft als alleinreisende Migranten unterwegs seien, seien vermehrt von Menschenhandel betroffen. Insgesamt verzeichnete UNODC 75.000 Fälle von Menschenhandel im Jahr 2022. Darunter waren 25.000 Kinder. Die Daten stammen von 156 Staaten. Angesichts anhaltender Konflikte und klimabedingter Katastrophen, bestehe die Gefahr des weiteren Anstiegs des Menschenhandels, hieß es. Im Jahr 2022 wurden 31% mehr Kinder in ausbeuterischen Zwangssituationen entdeckt. Frauen und Mädchen machen weltweit weiterhin die Mehrheit der identifizierten Betroffenen aus (61% im Jahr 2022). Die Mehrheit der festgestellten weiblichen Opfer (60 %) wird weiterhin zum Zweck der sexuellen Ausbeutung gehandelt. Etwa 45% der endeckten Jungen werden zum Zweck der Zwangsarbeit gehandelt und weitere 47% werden durch Begehung strafbarer Handlungen und Bettelei ausgebeutet. Alle Weltregionen sind betroffen. Der UNODC-Bericht enthält außerdem politische Empfehlungen zur Verbesserung der Identifikation und Unterstützung von Betroffenen.

 

Europäischer Tag gegen Menschenhandel: La Strada International fordert bessere Identifizierung und Unterstützung von Betroffenen

Anlässlich des EU weiten Tages zur Bekämpfung des Menschenhandels am 18. Oktober rief das europäische NGO-Netzwerk La Strada International (LSI) die europäischen Regierungen in einem Statement dazu auf, die frühzeitige Identifizierung und Unterstützung von Betroffenen des Menschenhandels zu verbessern. LSI stellt klar, dass Betroffene sich oft deshalb nicht selbst identifizieren und melden, weil ihnen das Vertrauen, die nötigen Informationen und die Unterstützung fehlen, um die Straftat anzuzeigen und ihre Rechte einzufordern - nicht, weil sie ihre Situation oder die gelebte Gewalt nicht erkennen würden. Es ist von entscheidender Bedeutung, das Narrativ zu hinterfragen, das den Betroffenen die Last der Selbstidentifizierung aufbürdet. Diese Sichtweise gefährde nicht nur ihr Wohlergehen, sondern untergräbt auch die Verantwortung der Staaten und relevanten Akteure bei der Identifizierung der Betroffenen von Menschenhandel.

 

La Strada International veröffentlicht Auswertung zu Betroffenenhilfe 2023

Das europäische NGO-Netzwerk La Strada International (LSI) hat eine kurze Auswertung der von seinen Mitgliedern übermittelten Daten zur Unterstützung Betroffener von Menschenhandel im Jahr 2023 veröffentlicht. Insgesamt wurden demnach mindestens 5103 (potenzielle) Betroffene des Menschenhandels unterstützt. Davon 187 Fälle aus der Ukraine. 26 der 32 LSI Mitgliedsorganisationen haben zu dieser Datenerhebung beigetragen. Die Zahl der unterstützten weiblichen Betroffenen ist nach wie vor höher als die der männlichen. Frauen werden zwar häufig zum Zweck der sexuellen Ausbeutung gehandelt, sind jedoch auch Betroffene von Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung und Zwangskriminalität, obwohl diese Formen von Ausbeutung eher Männern zugeordnet werden. Insgesamt ist ein Anstieg der identifizierten männlichen Betroffenen in diesen Bereichen zu verzeichnen. Die von LSI Mitgliedern unterstützten Betroffenen stammten dabei vermehrt aus Vietnam, Südamerika, und Afrika (insbesondere Nigeria). In einigen westeuropäischen Ländern wie Deutschland und den Niederlanden wurde zudem eine größere Zahl Betroffener mit deutscher bzw. niederländischer Staatsangehörigkeit unterstützt. Außerdem macht LSI in seiner Auswertung auf die Situation ukrainischer Betroffener aufmerksam: Angesichts der Zahl der Vertriebenen aus der Ukraine ist die Zahl der unterstützten Betroffenen nach wie vor gering, allerdings haben mehrere europäische Länder ihre Unterstützung zurückgefahren, was die Gefährdung von ukrainischen Geflüchteten in der kommenden Zeit erhöhen könnte. Die häufigste Ausbeutungsform bleibt nach wie vor die sexuelle Ausbeutung.

 

Europol-Informationsmeldung zur Rekrutierung Minderjähriger über Social Media

Europol macht in einer neuen Informationsmeldung vom 12. November 2024 auf die zunehmende Rekrutierung von Minderjährigen durch kriminelle Netzwerke in Europa aufmerksam. Diese Gruppen sprechen junge Menschen gezielt über soziale Medien und verschlüsselte Nachrichten an, um sie für das Begehen schwerer Straftaten anzuwerben. Die Rekrutierung, die sich auf nahezu alle kriminellen Märkte erstreckt, hat sich in den letzten Jahren zu einer bewussten Taktik entwickelt, um Strafverfolgung zu entgehen. Kriminelle nutzen dabei verschlüsselte Botschaften, Slang und „Gamification“-Taktiken, um junge Menschen in gewalttätige Aktivitäten wie Erpressung und Mord zu involvieren. Soziale Netzwerke mit verschlüsselten Funktionen werden von genutzt, um unauffällig und ohne digitale Spuren zu agieren. Die Rekrutierung von Minderjährigen für schwere Kriminalität und Terrorismus ist zwar kein neues Phänomen, hat sich jedoch in den letzten Jahren zu einer Taktik entwickelt, mit der kriminelle Netzwerke der Strafverfolgung entgehen.

                  

OSZE- und RSO-Bericht zu den Risiken der generativen KI für den Menschenhandel

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat im November gemeinsam mit dem Regionalen Unterstützungsbüro für den Bali-Prozess (RSO) den Bericht New Frontiers: The use of generative artificial intelligence to facilitate trafficking in persons veröffentlicht. Darin geht es um die sich abzeichnende Verknüpfung von künstlicher Intelligenz (KI), Menschenhandel und grenzüberschreitender Kriminalität. Ziel des Berichts ist es Politikern, Strafverfolgungsbehörden und dem Technologiesektor die nötigen Erkenntnisse zu vermitteln, um Auswirkungen von KI auf den Menschenhandel zu antizipieren und präventiv zu bekämpfen. Die Fortschritte in der generativen KI stellen ein Risiko für die Bekämpfung des Menschenhandels dar, u.a. da kriminelle Netzwerke diese Technologie nutzen könnten, um mit größerer Reichweite über digitale Plattformen und durch Täuschung oder Nötigung Menschen zu erreichen, zu denen ihnen bisher der Zugang fehlte. Durch KI können Distanzen, kulturelle und sprachliche Unterschiede besser überbrückt werden. Die Automatisierung solcher Prozesse durch einfache Technologien könne die Anwerbung optimieren und schwerer aufgedeckt werden, insbesondere da viele KI-Modelle kostenlos und einfach zugänglich sind. Die aktuellen Sicherheitsmaßnahmen zur KI-Nutzung sind nicht ausreichend, um diese Risiken effektiv zu bekämpfen.

 

Neue Impulse für den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung: djb fordert Reformen im Sexualstrafrecht

Der Deutsche Juristinnenbund e. V. (djb) hat am 18.11.2024 im Vorfeld des Internationalen Tages zur Beseitigung von Gewalt an Frauen (25.11.) zwei Policy Papers veröffentlicht.

Das Policy Paper „Sexualisierte Gewalt – Schutzlücken und Reformbedarfe“ beschreibt sexualisierte Gewalt als umfassenden Begriff, der nicht nur körperliche Übergriffe, sondern auch psychische und gesellschaftliche Schäden einschließt, wie das sog. Catcalling, die Verbreitung von Nacktaufnahmen oder sexualisierte Beleidigungen. Diese Handlungen verletzten oft die sexuelle Selbstbestimmung und sind durch tradierte gesellschaftliche Geschlechterrollen beeinflusst. Zur Bekämpfung fordert der djb ein stärkeres gesellschaftliches Bewusstsein für die Ursachen und Folgen sowie eine umfassende Reform des Strafrechts.

Das Policy Paper „Nur Ja heißt Ja“ kritisiert die derzeitige Rechtslage im Sexualstrafrecht, die den Vorgaben der Istanbul-Konvention nicht gerecht werde, und plädiert für Reformen nach dem Modell „Nur Ja heißt Ja“. Neben der Einführung einer Einverständnisregelung und Strafbarkeit leichtfertiger sexueller Übergriffe werden begleitende Maßnahmen wie die Bekämpfung von Vergewaltigungsmythen und die Sensibilisierung der Gesellschaft gefordert, um den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung zu stärken.

 

Beschwerde gegen Google: Stalkerware-Apps gefährden digitale Sicherheit

Das Projekt einTeam gegen digitale Gewalt und die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) haben Anfang November gemeinsam Beschwerde gegen Google eingereicht. Der Vorwurf: Google bewirbt in seiner Suche Stalkerware-Apps, die speziell für die heimliche Überwachung von Privatpersonen entwickelt wurden. Diese Apps ermöglichen es, (Ex-)Partner*innen zu überwachen, Nachrichten mitzulesen und die Kamera unbemerkt zu aktivieren. Trotz der gesetzlichen Verpflichtung des EU Digital Services Act (DSA), Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt zu ergreifen, werde Google dieser nicht gerecht. Stalkerware-Apps werden häufig als Programme für den Kinderschutz beworben, obwohl sie heimlich agieren und auf den Geräten der Betroffenen unsichtbar bleiben. Gezielt auf Nutzer*innen zugeschnittene Werbeanzeigen, mit denen Google Milliarden verdient, tragen zu dem klar erkennbaren Aufwärtstrend bei der Verwendung und dem Angebot solcher Apps bei. Dadurch wird es Stalker*innen erleichtert, solche Apps zu finden, was Cyberstalking und Gewalt gegen Frauen begünstig und zu einem höheren Beratungsaufwand für Gewaltschutzeinrichtungen führt. "Betroffene und Beratungsstellen brauchen Unterstützung, auch von großen Tech-Firmen", so Isa Schaller, IT-Beraterin bei "Ein Team gegen digitale Gewalt".

 

Wahlforderungen des FMR für die Bundestagswahl 2025

Das Forum Menschenrechte (FMR), dem auch der KOK e.V. angehört, hat für die kommende Bundestagswahl 2025 Wahlforderungen für eine Politik auf dem Fundament der Menschenrechte formuliert. Das FMR fordert umfassenden Schutz vor Gewalt, Diskriminierung und Rassismus sowie eine menschenwürdige Existenzsicherung für alle, einschließlich gerechter Sozialleistungen und bezahlbaren Wohnraums. Eine menschenrechtsbasierte Migrationspolitik soll faire Asylverfahren, verbesserte Bleiberechtsregelungen und psychosoziale Versorgung für Geflüchtete gewährleisten. Klimaschutz wird als menschenrechtliche Verpflichtung hervorgehoben, ebenso wie eine kohärente Außen- und Entwicklungspolitik, die Menschenrechte konsequent schützt. Zudem wird ein ambitioniertes Lieferkettengesetz und stärkere Kontrolle über internationale Finanzinstitutionen gefordert. Der Schutz von Menschenrechtsverteidiger*innen und die Stärkung internationaler Menschenrechtssysteme bilden weitere zentrale Anliegen.

 

djb-Policy Paper zu geschlechtsspezifischer Gewalt als Fluchtgrund

Im Policy Paper Flüchtlingsanerkennung aufgrund geschlechtsspezifischer Verfolgung vom 28. November und einer entsprechenden Pressemitteilung kritisiert der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb), dass geschlechtsspezifische Gewalt in Deutschland nicht ausreichend als asylrelevanter Verfolgungsgrund anerkannt wird. Die aktuelle Praxis in Deutschland stehe im Widerspruch zu völker- und europarechtlichen Vorgaben, insbesondere der Istanbul-Konvention, die geschlechtsspezifische Gewalt als Verfolgung definiert. Die GREVIO-Expert*innengruppe des Europarats und der Europäische Gerichtshof haben festgestellt, dass Frauen, die aufgrund ihres Geschlechts Gewalt erleiden, als soziale Gruppe gelten und somit Flüchtlingsschutz beanspruchen können. Der Gesetzgeber wird aufgefordert, Klarstellungen im Asylgesetz vorzunehmen, um die Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Gewalt zu gewährleisten. Insbesondere soll § 3a Abs. 2 Nr. 6 AsylG entsprechend ergänzt werden. Eine vollständige Streichung von § 3 AsylG, wie im GEAS-Anpassungsgesetz vorgesehen, wird abgelehnt; stattdessen wird eine nationale Regelung zur Anerkennung geschlechtsspezifischer Verfolgung gefordert. Außerdem fordert der djb auch geschlechtssensible Aufnahmeverfahren, Leitlinien zum Schutz vulnerabler Personen und sichere Schutzräume in Unterkünften, um Frauen vor weiterer Gewalt zu bewahren.

Der KOK hat sich mit dieser Problematik ebenfalls bereits intensiv auseinandergesetzt und die Handreichung „Juristische Arbeitshilfe für die Beratung von Asylbewerber*innen im Hinblick auf geschlechtsspezifische Verfolgung und Menschenhandel“ veröffentlicht.

RUBRIK WISSEN – 25 JAHRE KOK

Mitte November feierte der KOK e.V. sein Jubiläum: 25 Jahre zivilgesellschaftliches Engagement im Kampf gegen Menschenhandel und für die Rechte der Betroffenen. Dieser Meilenstein wurde mit einer Jubiläumsfeier sowie einer zweitägigen Fachtagung begangen, bei der über 100 Teilnehmer*innen mit verschiedenen fachlichen Hintergründen vertreten waren.

Die Konferenz bot die interdisziplinäre Auseinandersetzung mit migrations-, digitalisierungs- und sozialpolitischen Fragen im Zusammenhang mit der Prävention und Bekämpfung des Menschenhandels. Ein besonderes Augenmerk lag auf den Erfahrungen und Handlungsräumen der Zivilgesellschaft, die essenziell für die Unterstützung Betroffener und die Durchsetzung ihrer Rechte ist. In Diskussionsforen und Podiumsrunden kamen Fachleute zu Wort und erörterten, wie neue politische Strategien und Instrumente wirkungsvoll umgesetzt werden können.

Die vertretenen Expert*innen diskutierten unter anderem über die Unterstützung Betroffener, die reformierte EU-Richtlinie zur Bekämpfung des Menschenhandels und darüber, wie die Gewinne von Täter*innengruppen strafrechtlich und ermittlungspraktisch besser abgeschöpft werden können. In mehreren parallelen Diskussionsforen wurden praxisnahe Ansätze und Lösungen erörtert.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus ehrte den Bundesweiten Koordinierungskreis gegen Menschenhandel, indem Sie die Tagung mit einem eingehenden Grußwort eröffnete. Darin unterstrich sie die Bedeutung des gemeinsamen Engagements gegen Menschenhandel. Der KOK wird seit vielen Jahren durch das BMFSFJ finanziell gefördert. 

„Ich bin überzeugt, den Kampf gegen Menschenhandel können wir nur gemeinsam gewinnen, wenn Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung an einem Strang ziehen,“ betonte die Bundesfrauenministerin „Denn um Menschenhandel in all seinen Formen wirksam zu begegnen, müssen wir wissen, wie es in der Praxis aussieht. Der KOK gibt uns wertvolle Antworten darauf, was Betroffene brauchen und wo es Nachbesserungsbedarf gibt.“

Bandana Pattaniak, langjährige Leiterin der Global Alliance against Trafficking in Women, machte in ihrem Keynote-Vortrag auf strukturelle Ursachen von Menschenhandel aufmerksam. Sie betonte, dass die wachsende Ungleichheit zwischen und innerhalb von Ländern, sich verschärfende Agrar- und Klimakrisen, bewaffnete Konflikte und das neoliberale Wirtschaftssystem weltweit Migrationsursachen schafften. Politik regiere darauf entweder mit dem Ansinnen, die Migration zu stoppen oder ignoriere Ausbeutung von Arbeitsmigrant*innen. Das wiederum führe dazu, dass Menschen zunehmend unsichere Migrationswege einschlagen oder Unterstützung von skrupellosen Vermittlern in Anspruch nehmen müssten.

Die aktuellen Entwicklungen in Deutschland, insbesondere die Entwicklung des ersten Nationalen Aktionsplans Menschenhandel und die Vorhaben verschiedener Parteien in Bezug auf die Bekämpfung von Menschenhandel und den Schutz Betroffener wurden auf Podien mit zuständigen Ressortvertreter*innen von BMFSFJ und BMI, mit Abgeordneten sowie Vertreter*innen der Zivilgesellschaft beleuchtet.

Im Rahmen der Fachtagung feierte der KOK am Abend des 11.11. sein 25-jähriges Bestehen als Verein. Verschiedene Wegbegleiter*innen und Unterstützer*innen kamen zu Wort und würdigten die Arbeit des KOK und seiner Mitgliedsorganisationen. Gründungsmitglied Behshid Najafi und Vorstandsfrau Radostina Frevert-Todorova blickten zurück auf die Anfänge des KOK, seine Erfolge und Herausforderungen im Kampf gegen Menschenhandel sowie die Bedeutung von Vernetzung und Unterstützung für Betroffene.

Die Dokumentation der Veranstaltung mit Fotos, Video- und Wortbeiträgen finden Sie auf der Website des KOK.

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VERÖFFENTLICHUNGEN DES KOK

Forderungen zur Bundestagswahl

Deutschland ist durch internationale Übereinkommen verpflichtet, Menschenhandel zu bekämpfen und die Rechte von Betroffenen von Menschenhandel zu achten, zu schützen und zu gewährleisten. Eine neue Bundesregierung muss diesen Schutzpflichten nachkommen und dafür Sorge tragen, dass Menschenhandel nicht begünstigt wird, dass Betroffene identifiziert werden und Zugang zu Schutz und Unterstützung erhalten. Vor diesem Hintergrund hat der KOK zehn Forderungen im Vorfeld der vorgezogenen Bundestagswahl am 23.02.2025 entwickelt. Notwendig ist eine an den Menschenrechten orientierte Politik gegen Menschenhandel, die die Rechtsansprüche von Betroffenen in den Fokus rückt und mit europäischen und internationalen Konventionen im Einklang steht.

 

Bericht KOK-Rechtsprechungsdatenbank 2022-2024: Unsicherheiten bei Strafnormen zum Menschenhandel

Der KOK hat am 03.12.2024 den aktuellen Bericht der Rechtsprechungsdatenbank für den Zeitraum 2022–2024 veröffentlicht. Der Bericht zeigt, dass trotz höchstrichterlicher Entscheidungen die Anwendung der Strafnormen im Bereich Menschenhandel und Ausbeutung unsicher bleibt. Im Fokus der Auswertung stehen die relevanten Strafvorschriften, insbesondere die §§ 232 ff. StGB sowie §§ 180a und 181a StGB, die 2016 umfassend reformiert wurden. Diese Reformen stießen schon früh auf Kritik, und die Unsicherheiten bezüglich ihrer Wirksamkeit bestehen weiterhin. Die Analyse der Gerichtsurteile zeigt, dass die Rechtsprechung zwar zur Auslegung der Normen beiträgt, die Praxis jedoch weiterhin von Unsicherheiten geprägt ist. Die KOK Rechtsprechungsdatenbank ist ein wichtiges Instrument, um die Entwicklungen im Bereich Menschenhandel transparent darzustellen und praxisrelevante Anwendungsprobleme aufzuzeigen. Der KOK führt die Datenbank seit 2022 gemeinsam mit der Berichterstattungsstelle Menschenhandel am Deutschen Institut für Menschenrechte. Sie verdeutlicht, wo gesetzgeberische Anpassungen erforderlich sind, um die Rechtssicherheit zu erhöhen und eine evidenzbasierte Politikgestaltung zu unterstützen.

 

KOK fordert Verbesserungen im Gewalthilfegesetz

Am 6.12.2024 beriet der Bundestag über Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen auf Basis des „Entwurfes eines Gesetzes für ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt“ von SPD und den Grünen, sowie Anträgen von CDU/CSU, FDP und der Linken. Der Gesetzentwurf von SPD und Grünen forderte einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung sowie ein flächendeckendes Netz an Einrichtungen, das den speziellen Bedürfnissen von Gewaltbetroffenen gerecht wird. Die CDU/CSU verlangte eine flächendeckende Finanzierung und den Ausbau von Frauenhäusern sowie Maßnahmen gegen digitale Gewalt und einen besseren Zugang für Menschen mit Behinderungen. Die Linke forderte einen unverzüglichen Entwurf für ein „Gewalthilfegesetz“ mit einer bundeseinheitlichen Finanzierung und einem nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der Istanbul-Konvention und zum Schutz von Frauen vor allen Gewaltformen. Alle Vorschläge sollen nach der Diskussion in den Ausschuss für Frauen überwiesen werden. Der KOK begrüßt in einer knappen Stellungnahme den Entwurf des Gewalthilfegesetzes, fordert jedoch wesentliche Änderungen. Der Gewaltbegriff sollte erweitert werden, um alle Gewaltformen zu erfassen, und der Schutzanspruch muss auch langfristige Gefährdungen berücksichtigen. Zudem fordert der KOK eine partizipative Entwicklung statistischer Kategorien und den Zugang zu Schutzmaßnahmen für Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus. Das Gewalthilfegesetz steht am 20.12. auf der Tagesordnung des Bundesrates, wann die 2. und 3. Lesung im Bundestag stattfindet ist noch nicht festgesetzt.

VERANSTALTUNGEN

THB Liberi Workshop des BKA 

Vertreterinnen des KOK und seiner Mitgliedsorganisationen nahmen auf Einladung des BKA Ende November an einem zweitägigen Workshop in Düsseldorf zum Thema Zeug*innengewinnung teil. Eingebettet ist diese Maßnahme in das Projekt THB Liberi II - Multidisziplinäre Bekämpfung des Menschenhandels, dessen Ziel es ist, die Ausbeutung von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden durch organisierte Tätergruppierungen im Wege einer engen nationalen und internationalen Zusammenarbeit möglichst nachhaltig zu bekämpfen.

Teilnehmende waren neben dem BKA auch die LIBERI Partnerdienststellen sowie Vertreter*innen von Staatsanwaltschaften und der Länderpolizeien.

 

EU-Treffen der nationalen Koordinator*innen und Berichterstattungsstellen der Mitgliedstaaten und der Plattform der Zivilgesellschaft

Die EU-Koordinatorin für die Bekämpfung des Menschenhandels und die ungarische Ratspräsidentschaft veranstalteten am 3. Dezember in Brüssel ein gemeinsames Treffen der nationalen Koordinator*innen und Berichterstattungsstellen zu Menschenhandel der Mitgliedstaaten und der EU-Plattform der Zivilgesellschaft gegen Menschenhandel. Das Treffen thematisierte die internationale Dimension von Menschenhandel, wobei der Schwerpunkt auf die Zusammenhänge zwischen Menschenhandel und Migration, einschließlich der Schleusung von Migrant*innen, gelegt wurde. An dem Treffen nahmen Expert*innen der Europäischen Kommission, der EU-Agenturen, der Mitgliedstaaten, der Ukraine, sowie internationaler Organisationen und der Zivilgesellschaft teil.

Am 3. Dezember fand auch die Sitzung der EU-Plattform der Zivilgesellschaft unter dem Vorsitz der EU-Koordinatorin für die Bekämpfung des Menschenhandels statt, die sich mit dem Schutz und der Unterstützung von Betroffenen von Menschenhandel außerhalb der EU befasste. Drei parallele Workshops wurden zu den Themen Unterstützung für Drittstaatsangehörige, Bekämpfung des Menschenhandels und Asylverfahren und Rückkehr Betroffener abgehalten.

Der KOK ist Teil der Plattform.

 

Fachforum Menschenhandel /Zwangsprostitution NRW

Am 5. Dezember fand in Düsseldorf das Fachforum Menschenhandel /Zwangsprostitution NRW im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW zum Thema „Menschenhandel 2.0 – Digitalisierung im Kontext Menschenhandel“ statt. Das Bundeskriminalamt und der KOK e.V. hielten hierzu Vorträge, die mit Vertreter*innen von Landesbehörden und Fachberatungsstellen diskutiert wurden.

RECHTLICHE ENTWICKLUNGEN

Bundesregierung beschließt Gesetzesentwurf zur GEAS-Reform: Kritik aus der Zivilgesellschaft

In einer Pressemitteilung kritisiert PRO ASYL den am 06.12.2024 beschlossenen Gesetzentwurf zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) scharf. Der Entwurf überschreitet die von der EU geforderten Mindeststandards und entrechtet Geflüchtete massiv, was zu unfairen Asylverfahren führe. Besonders besorgniserregend sind die vorgesehenen Freiheitsbeschränkungen und neuen Haftformen, darunter geschlossene Zentren, die auch Kinder betreffen könnten. PRO ASYL lehnt diese Maßnahmen ab, da sie mit internationalen Menschenrechtsstandards unvereinbar sind und das Recht auf ein faires Asylverfahren gefährden. Zudem kritisiert die Organisation die geplante Ausweitung der Konzepte „sichere Herkunftsstaaten“ und „sichere Drittstaaten“, da diese die Prüfung auf menschenrechtliche Risiken untergraben und ohne parlamentarisches Verfahren eigenmächtig durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung erfolgen soll. PRO ASYL fordert eine Überarbeitung des Gesetzentwurfs unter Wahrung der Menschenrechte und fairer Asylverfahren. Diesem Urteil schließen sich weitere menschenrechtliche Organisationen wie Amnesty International in einer Stellungnahme an. PRO ASYL sieht darin die Umgehung eines wichtigen demokratischen Kontrollmechanismus. Bereits im Juli 2024 hatte PRO ASYL mit 25 anderen Organisationen, darunter auch dem KOK e. V., ein gemeinsames Statement mit Forderungen zur Überarbeitung der Reform veröffentlicht. Auch die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF) hat eine Stellungnahme zum Gesetzesentwurf mit Fokus auf die Auswirkungen für vulnerable Personen verfasst, die der KOK und der LSVD* - Verband Queere Vielfalt mitgezeichnet haben.

 

Verlängerung der Ukraine-Aufenthaltsregelungen: Fachinformation des Paritätischen Gesamtverbands

Am 26.11.2024 veröffentlichte der Paritätische Gesamtverband eine Fachinformation zur Ukraine-Aufenthalts-Übergangsverordnung (UkraineAufenthÜV), die bis zum 04.03.2026 verlängert wurde. Ukrainische Staatsangehörige können weiterhin ohne Aufenthaltstitel nach Deutschland einreisen und sich bis zu 90 Tage im Land aufhalten. Diese Regelung gilt bis zum 4. Dezember 2025, wobei sie nicht für Staatenlose oder Drittstaatsangehörige ohne internationalen Schutzstatus oder unbefristetes Aufenthaltsrecht in der Ukraine gilt. Durch die Verlängerung der Geltungsdauer der Ukraine-Aufenthaltserlaubnis-Fortgeltungsverordnung (UkraineAufenthFGV) gelten Aufenthaltserlaubnisse für Schutzberechtigte aus der Ukraine automatisch weiter. Obwohl der Paritätische Gesamtverband die Verlängerung grundsätzlich begrüßt, kritisiert er die fortbestehenden Einschränkungen für Staatenlose und nichtukrainische Drittstaatsangehörige ohne internationalen Schutzstatus oder unbefristetes Aufenthaltsrecht in der Ukraine.

 

djb fordert effektive Maßnahmen gegen geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) hat den Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion zur Verbesserung des Opferschutzes in einer Stellungnahme vom 04.12.2024 kritisch bewertet. Zwar wird der Entwurf grundsätzlich begrüßt, jedoch weist der djb darauf hin, dass er die strukturellen Ursachen geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt nicht ausreichend berücksichtige. Besonders die Einführung der „Ausnutzung der körperlichen Überlegenheit“ als Merkmal in Straftatbeständen verstärke stereotype Geschlechterbilder und ignoriere den Wesenskern der gesellschaftlichen Hintergründe von Gewalt: die strukturelle Unterdrückung von Frauen und die geschlechtsspezifische Motivation. Der djb fordert stattdessen den flächendeckenden Ausbau eines diskriminierungsfreien Schutz- und Beratungssystems sowie die schnelle Verabschiedung des Gewalthilfegesetzes. Darüber hinaus wird die Elektronische Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) als präventive Maßnahme kritisch gesehen, da sie nur eine kurzfristige Lösung darstellt. Eine zentrale Forderung des djb für einen effektiven Gewaltschutz ist die Integration von Täterarbeit als Präventionsmaßnahme in das Gewaltschutz- und Kindschaftsrecht.  

INFORMATIONSMATERIAL UND PUBLIKATIONEN

Paritätischer Gesamtverband publiziert Handlungsempfehlung zu LSBTIQ*-Geflüchteten

Der Paritätische Gesamtverband hat am 20.11.2024 eine Arbeitshilfe zur Beratung und Unterstützung von LSBTIQ*-Geflüchteten erarbeitet. Sie richtet sich an Beratende, die LSBTIQ*-Geflüchtete begleiten, und bietet praxisnahe Unterstützung zu rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sowie konkrete Handlungsempfehlungen anhand von Fallbeispielen. LSBTIQ*-Geflüchtete sind weltweit aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität Diskriminierung, Gewalt und Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Auf der Flucht haben sie oft nicht nur ihr Leben und ihre Familie zurückgelassen, sondern auch traumatische Erfahrungen gemacht, die sie besonders verletzlich machen. Die Verfolgung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität gilt in der EU und in Deutschland als Fluchtgrund, jedoch müssen Geflüchtete ihre Verfolgung glaubhaft nachweisen, was viele aufgrund von Scham oder Angst nicht tun können. Die Handreichung enthält nicht nur rechtliches Wissen, sondern schafft auch Sensibilität und Kompetenz im Umgang mit dieser vulnerablen Gruppe.

 

FRA-Handbuch zum Schutz der Rechte von Drittstaatsarbeitnehmer*innen

In einer Meldung der European Union Agency for Fundamental Rights (FRA) vom 21. November wird auf die Veröffentlichung eines neuen Handbuchs hingewiesen. Es richtet sich an  Mitarbeitende von Arbeitsinspektionen und deren Ausbilder*innen, um die Schutznormen des EU-Rechts für Arbeitnehmer*innen aus Drittstaaten, einschließlich Saisonarbeitenden, durchzusetzen. Es bietet einen Überblick über den EU-Rechtsrahmen und erklärt die Rechte von Arbeitnehmer*innen aus Nicht-EU-Staaten, sowie die besten Methoden für Inspektionen und den Umgang mit Betroffenen von Ausbeutung. Fünf zentrale Themen werden behandelt: Informationsbereitstellung, Zugang zur Justiz, Identifizierung von Arbeitsausbeutung, Nachzahlung und Entschädigung, sowie das Recht auf Wohnraum und auf Wechsel von Arbeitgeber*innen. Das Handbuch enthält auch Hinweise zu weiterführender Literatur und beschreibt die nationale Auslegung des EU-Rechts in einigen Mitgliedstaaten sowie gute Praktiken.

 

FHK-Fachinformation: Mangelnde Finanzierung im Hilfesystem für gewaltbetroffene Frauen

Die neue FHK-Fachinformation „Was kostet Sicherheit?“ beleuchtet die unzureichende Finanzierung des Hilfesystems für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder in Deutschland. Trotz der hohen und steigenden Zahlen zu Partnerschaftsgewalt und Femiziden fehlen bundesweit über 14.000 Frauenhausplätze. Die Unterstützung variiert stark, je nach Lebenssituation und Wohnort, da die Finanzierung der Hilfseinrichtungen von freiwilligen Leistungen, Zuschüssen und Spenden abhängt. Das System ist lückenhaft und überlastet, und jede vierte Frau muss selbst für ihren Aufenthalt im Frauenhaus zahlen. Obwohl die rechtlichen Verpflichtungen Deutschlands, wie die Istanbul-Konvention, unmissverständlich sind, fehlen bislang umfassende Maßnahmen. Die FHK fordert, dass die Frage nicht lauten dürfe, was Sicherheit koste, sondern was sie der Gesellschaft wert sein sollte.

 

Erster Periodischer Bericht zur Umsetzung der Instanbul-Konvention in Deutschland

Am 3. Dezember wurde der „Monitor Gewalt gegen Frauen – Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland“veröffentlicht, der erste periodische Bericht der Berichterstattungsstelle geschlechtsspezifische Gewalt, die seit November 2022 mit der kontinuierlichen und unabhängigen Berichterstattung zur Umsetzung der Istanbul-Konvention betraut ist. Er gibt einen umfassenden Überblick über die Entwicklungen in Bezug auf geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt in Deutschland seit Januar 2020 und die Anstrengungen von Bund und Ländern, ihren menschen- und europarechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Der Bericht beleuchtet dabei insbesondere Themen wie Prävention, den Zugang zu Schutz und Beratung, Asyl und Migration sowie Gewaltschutz. Die Erhebung basiert auf umfangreichen Daten, die durch die Zusammenarbeit von Bundesministerien, Landesministerien, nachgeordneten Behörden und zivilgesellschaftlichen Organisationen gewonnen wurden. Abschließend werden Empfehlungen zu gesetzlichen Änderungen und Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von geschlechtsspezifischer sowie häuslicher Gewalt gegeben, um den Schutz der betroffenen Frauen zu verbessern. Der Bericht stellt auch Bezüge zum Monitor Menschenhandel her.

 

Jahresbericht des DIMR

Am 09.12.2024 legte das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIMR) seinen neunten Jahresbericht dem Bundestag vor. Der Bericht, der den Zeitraum vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2024 abdeckt, wurde anlässlich des Internationalen Tags der Menschenrechte zum 10.12. veröffentlicht. In diesem Jahr behandelt der Bericht fünf zentrale menschenrechtliche Themen: Schutz von Geflüchteten, Wohnungslosigkeit, Exklusion von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt, ausbeuterische Arbeitsbedingungen von Wanderarbeitnehmer*innen und die menschenrechtliche Verantwortung von Unternehmen.

 

openDemocracy-Artikel: Die harte Realität der Saisonarbeit in Deutschland

Auf der unabhängigen, internationalen Medienplattform openDemocracy wurde am 12.11.2024 der Artikel “The harsh reality of seasonal labour in Germany” von Kateryna Danilova, Koordinatorin des Agrarsektors der European Migrant Workers Union and Fair Mobility, veröffentlicht. Der Artikel beschreibt die schwierigen Bedingungen, unter denen saisonale Arbeitskräfte in Deutschland, insbesondere in der Landwirtschaft, tätig sind. Diese Arbeiter*innen, die zunehmend aus Nicht-EU-Ländern angeworben werden, sind häufig mit schlechten Unterkünften, langen Arbeitszeiten, unzureichendem Lohn und rechtlicher Unsicherheit konfrontiert. Sie sind stark von ihren Arbeitgebenden abhängig, da diese nicht nur ihre Unterkunft, sondern oft auch ihren rechtlichen Status in Deutschland bestimmen. Initiativen wie die Fair Farm Labour Initiative setzen sich dafür ein, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, indem sie rechtliche Hilfe und gewerkschaftliche Unterstützung anbieten. Sie fordern umfassendere gesetzliche Kontrollen und Reformen, um Mindestlöhne, faire Arbeitszeiten, zumutbare Unterkünfte und medizinische Versorgung besser gewährleisten zu können. Der Text betont, dass nachhaltige Verbesserungen nur durch einen europaweiten Ansatz möglich sind, der faire Arbeitsbedingungen für alle Saisonarbeitenden sicherstellt, unabhängig davon, in welchem Land sie tätig sind.

 

 

BMF-Evaluierungsbericht zur SchwarzArbG-Änderung

Am 18.11.2024 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Bericht über die Evaluierung des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch, in dem die Änderungen des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG) bewertet wurden. Diese sind aufgrund des Gesetzes gegen illegale Beschäftigung uns Sozialleistungsmissbrauch zum 18.07.2029 in Kraft getreten. Das Gesetz erweiterte die Befugnisse der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) zur Bekämpfung von Schwarzarbeit, Sozialleistungsbetrug und ausbeuterischen Arbeitsbedingungen. Ziel war es, durch verbesserte behördenübergreifende Zusammenarbeit und erweiterte Prüfungsrechte Missbrauchsfälle effizienter zu identifizieren und zu ahnden. Die Evaluierung zeigt, dass das Gesetz insgesamt effektiv war, obwohl einige Ziele, wie die Anzahl aufgedeckter Fälle, hinter den Erwartungen blieben. Herausforderungen ergeben sich unter anderem aus begrenzten Personalressourcen, die bis 2030 sukzessive aufgestockt werden sollen, sowie der Pandemie, die die Umsetzung insgesamt erschwerte. Die Zusammenarbeit mit anderen Behörden wurde verstärkt, aber auch als ausbaufähig bewertet. Empfehlungen über rechtliche Anpassungen und den Ausbau von Befugnissen werden gemacht.

 

FIAHT-Guide zur Aufdeckung von Menschenhandel im Finanzsystem

Der Financial Intelligence against Human Trafficking Guide (FIAHT-Guide), entwickelt von der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) und der OSZE, soll Finanzintermediäre sensibilisieren und ihnen Werkzeuge an die Hand geben, um verdächtige Transaktionen zu erkennen. Er enthält Indikatoren wie ungewöhnlich hohe Bargeldeinzahlungen oder die Nutzung von Prepaid-Karten, praktische Beispiele und Good Practices für effiziente Verdachtsmeldungen. Ziel ist es, die Diskrepanz zwischen dem Ausmaß des Verbrechens und der geringen Anzahl von Verdachtsmeldungen zu verringern. Die "Follow-the-Money"-Strategie betont, wie entscheidend die Analyse von Zahlungsströmen ist, um Tatstrukturen aufzudecken und Betroffene zu identifizieren.

NEUIGKEITEN AUS DER KOK-RECHTSPRECHUNGSDATENBANK

EGMR betont erneut staatliche Untersuchungspflicht bei Verdacht auf Menschenhandel

Der EGMR hat am 24.10.2024 entschieden, dass die slowakischen Behörden gegen Artikel 4 EMRK (Verbot von Sklaverei und Zwangsarbeit) verstoßen haben, weil ein bestehender Verdacht auf Menschenhandel nicht hinreichend untersucht worden ist. Der Fall betrifft eine slowakische Frau, die von Menschenhandel und Zwangsprostitution betroffen war. Die Ermittlungen der slowakischen Behörden waren unzureichend, zogen sich zu lange hin und berücksichtigten die besondere Schutzbedürftigkeit der Klägerin nicht ausreichend. Die Slowakei wurde daher zu einer Entschädigungszahlung in Höhe von 26.000 EUR verurteilt.

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KOK - Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V.
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